Abb 1: Durch eine überarbeitete Beschreibung der Quell- und Umwandlungsprozesse wird die Schätzung des Gehalts von schwarzen Kohlenstoff (a) und dessen Strahlungsantrieb (b: absoluter Strahlungsantrieb, c: Veränderung des Strahlungsantrieb in Bezug auf die Basis-Beschreibung) in der Arktis verbessert.
Atmosphärische Aerosolpartikel beeinflussen den atmosphärischen Strahlungshaushalt direkt, in den sie Sonnenlicht rückstreuen oder absorbieren, sowie semi-direkt oder indirekt, indem sie die Atmosphäre und Wolkeneigenschaften verändern. Der effektive Strahlungsantrieb durch Aerosol-Strahlungs-Wechselwirkungen (ARI) umfasst sowohl den instantanen Effekt als auch die sogenannte schnelle Anpassung der Atmosphäre an Aerosoleffekte aufgrund von Änderungen lokaler Erwärmungsraten durch Aerosolabsorption, die sich auf die atmosphärische Stabilität oder Wolkenbedeckung auswirken können. Des Weiteren nehmen Aerosole mikrophysikalisch auf die Bildung von Wolkentropfen und Eiskristallen Einfluss und tragen auf diesem indirekten Weg über Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen (ACI) ebenfalls zum effektiven Strahlungsantrieb bei.
Instantane Aerosol-Strahlungs-Wechselwirkungen (direkte Effekte)
Bei dem Großteil der atmosphärischen Aerosole überwiegt die Lichtstreuung gegenüber der Absorption. Sie erhöhen so den Anteil des ins All rückgestreuten Sonnenlichts und wirken kühlend für unser Klima. Steigt der Anteil der Lichtabsorption erscheinen die Aerosole dunkler wie z.B. beim Ruß des Rauchaerosols und mehr Sonnenstrahlung wird innerhalb der Atmosphäre in Wärme umgewandelt. Die instantane Strahlungswirkung der Aerosole wird auch direkter Effekt genannt. Ob der direkte Aerosol-Effekt einen positiven oder negativen Strahlunsgantrieb am Oberrand der Atmosphäre zur Folge hat, wird zusätzlich von der Albedo der unter der Aerosolschicht befindlichen Oberfläche bestimmt. Ist die Oberfläche hell wie z.B. Wolken oder Schnee- und Eisbedeckung in den polaren Regionen, bewirken absorbierende Aerosole eine Verdunklung. Im Gegensatz dazu werden dunkle Oberflächen, wie z.B. der freie Ozean, durch die streuende Wirkung der Aerosole aufgehellt.
Für eine genaue Erfassung des direkten Strahlungsantriebs von Aerosolen ist somit die Verteilung, Zusammensetzung und Konzentration der Aerosole äußerst wichtig, welche von der detaillierten Kenntnis der Emissions-- und Transformationsprozesse sowie vom atmosphärischen Transport abhängt. Unsere Forschungsarbeiten zur instantanen Aerosol-Strahlung-Wechselwirkung konzentrieren sich daher darauf, die Beschreibung der Quell-, Umwandlungs- und Transportprozesse sowohl für interessante Episoden als auch für langfristige Analysen zu verbessern (siehe Abb 1.)
Schnelle Anpassungen an Aerosol-Strahlungs-Wechselwirkungen (semi-direkte Effekte)
Abb. 2: Mit Hilfe von hochauflösenden ICON-Simulationen über Deutschland mit Gitterabständen von 312 und 625 m wurde festgestellt, dass absorbierendes Aerosol die Grenzschichtbewölkung, den Flüssigwasserpfad und den Niederschlag reduziert.
Absorbierendes Aerosol spielt eine wichtige Rolle im Klimasystem der Erde und trägt zu den Auswirkungen des Menschen auf das Klima bei. Absorbierendes Aerosol wie z.B. schwarzer Kohlenstoff in Ruß absorbiert die einfallende Sonnenstrahlung und verändert den Energiegehalt der Atmosphäre. Dies führt zu Veränderungen der Stabilität in der atmosphärischen Grenzschicht und der freien Troposphäre und damit zu Störungen in der thermischen Struktur der Atmosphäre, die sich auf die Wolkenbildung und Wolkenentwicklung auswirken. Diese Auswirkung von absorbierendem Aerosol auf Wolken wird auch als "semi-direkter Effekt" bezeichnet. In der neueren Literatur wird der semi-direkte Effekt auf Basis einer verallgemeinerten Sichtweise als Teil der schnellen Anpassungen an Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen betrachtet.
Aerosole verringern auch die abwärts gerichtete Sonnenstrahlung an der Oberfläche, was als Oberflächenabdunklung bezeichnet wird. An der Landoberfläche kann diese Verdunkelung durch absorbierende Aerosole zu einer erheblichen Verringerung der nach oben gerichteten latenten und fühlbaren Wärmeströme an der Oberfläche führen. Dieser Effekte kann über Land groß genug sein, um eine erhebliche Verringerung der Bewölkung zu verursachen. Durch diesen Mechanismus kann die Verdunklung der Oberfläche durch absorbierendes Aerosol, z. B. aufgrund anthropogener Verschmutzung, ebenfalls den Niederschlag verringern und somit auf den hydrologischen Kreislauf einwirken. Zusammengenommen könnten die Veränderungen in der atmosphärischen Stabilität und die Verringerung der Oberflächenflüsse dazu führen, dass sich der Anteil der Wolken, insbesondere der Anteil der Grenzschichtwolken, erheblich verändert (siehe Abb. 2). Die tatsächlichen Veränderungen hängen aber in komplexer Weise von mehreren Faktoren ab, darunter die Höhe der Aerosolschichten im Verhältnis zu den Wolken und vom betroffenen Wolkentyp, weshalb sich unsere Forschungsarbeiten auf ein grundlegendes Verständnis der Rückkopplungsmechanismen und deren Verflechtung konzentrieren.
Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen (indirekte Effekte)
Wolken interagieren mit der atmosphärischen Strahlung und verändern in erheblicher Weise den Energiehaushalt der Erde. Zum einen streuen Wolken das Sonnenlicht zurück ins All und verhindern so eine Aufnahme der Sonnenenergie und somit Erwärmung der Erde. Zum anderen halten aber auch Wolken die von der Erdoberfläche emittierte Wärmestrahlung zurück. Beide Effekte kompensieren sich in der Regel gegenseitig und führen so zum Netto-Wolken-Strahlungseffekt. Im globalen Mittel überwiegt jedoch die kurzwellige Wirkung der Wolken (-46 bis -48 W m-2 ) gegenüber der langwelligen Wirkung (26-28 W m-2 ) im Strahlungshaushalt, was zu einer kühlenden Wirkung oder zu einem negativen Netto-Wolken-Strahlungseffekt führt. Da Aerosole die Zusammensetzung der Wolken und somit deren Strahlungseigenschaften beeinflussen, ändern Aerosol-Wolken-Wechselwirkung (indirekte Effekte) den Energiehaushalt der Erde. Neben der Wirkung von Aerosolen als Kondensationskeim für Wolkentropfen, beeinflussen Aerosole ebenfalls die Bildung von Wolkeneis (heterogene Eisbildung) und andere Eismikrophysik-Prozesse, die z.B. bei der Bildung von Niederschlag über Land bedeutend werden. Als entscheidende Komponente des hydrologischen Kreislaufs ist der Effekt der Aerosole auf die heterogene Eisbildung nicht nur für die Erdatmosphäre wichtig sondern auch für die Biosphäre als Ganzes.
Unsere Forschungsarbeiten konzentrieren daher auf die Frage wie Aerosole Wolkeneigenschaften beeinflussen, mit speziellen Fokus auf die Wolken, die nicht nur ausschließlich aus Wolkentropfen bestehen. Im globalen Maßstab können Unterschiede zwischen den Wolken auf der Nord- und Südhalbkugel und zwischen den Jahreszeiten genutzt werden, um sich die Wirkung des atmosphärischen MIneralstaub auf die heterogene Eisbildung zu vergegenwärtigen (siehe Abb. 3). Auch im Mittelmeerraum und in Europa ist Mineralstaub, z.B. aus der Sahara, ein wichtiger Faktor für Wetter und lokales Klima. Zeitlich begrenzte Staubausbrüche können über die Wirkung der Mineralstaubaerosols als Eiskeim zu einer erheblichen Zunahme des Wolkeneisgehalts im Bereich mittelhoher Mischphasenwolken sowie der Zirrus-Bewölkung führen (siehe Abb. 4).
Abb. 3: Hemisphärischer (a) und jahreszeitlicher (b) Kontrast zwischen dem Anteil vereister Wolken als Funktion der geographischen Breite und der Wolkentemperatur. Die Konturen weisen auf einen erhöhten Anteil vereister Wolken in der Nordhemisphäre und im Frühjahr hin - atmosphärische Bedingungen, in denen Mineralstaub erhöht ist. Verschiedene Farben zeigen verschiedene Messmethoden und deren Kombination.
Abb.4: Atmosphärischer Mineralstaub aus der Sahara kommt nach Europa. Mineralstaub (a: optische Dicke des Staubes) fördert die Bildung von hohen und sehr dicken Zirruswolken (b: Zirrus wird durch eine sehr kalte Infrarot-Temperatur dargestellt).