Highlights 2015-2021

Im Rahmen des Evaluierungsverfahrens hat TROPOS Highlights der Jahre 2015 bis 2021 aus Forschung, Infrastruktur und Transfer definiert, die wir Ihnen gerne vorstellen möchten:

Infrastruktur

ACTRIS-D: Die Etablierung von ACTRIS-D, dem deutschen Beitrag zur europäischen Forschungsinfrastruktur für Aerosole, Wolken und Spurengase, unter der Federführung des TROPOS ist ein großer Erfolg. TROPOS initiierte 2015 einen Vorschlag für die deutsche Roadmap für Forschungsinfrastrukturen, in die ACTRIS-D im September 2019 aufgenommen wurde. In einer 8-jährigen Umsetzungsphase von 2021-2029 wird das ACTRIS-D-Konsortium, bestehend aus 11 deutschen Einrichtungen, mit 86 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Rund 25 Mio. Euro werden investiert, um TROPOS-Forschungseinrichtungen wie Beobachtungsstandorte, mobile Plattformen, atmosphärische Simulationskammern und Kalibrierlabore zu modernisieren oder neu zu errichten. Diese große Anstrengung wird es dem TROPOS ermöglichen, seine führende Rolle auf dem Gebiet der Aerosol- und Wolkenforschung auf nationaler und internationaler Ebene zu stärken und in den nächsten Jahrzehnten atmosphärische Spitzenforschung zu betreiben.

TROPOS hat wesentlich dazu beigetragen, ACTRIS auf europäischer Ebene zu etablieren. ACTRIS wurde 2016 in die ESFRI-Roadmap für Forschungsinfrastrukturen aufgenommen und wird ab 2022 als Europäisches Forschungsinfrastrukturkonsortium (ERIC) fungieren. TROPOS hat die Federführung bei der Entwicklung der Strategie, der Richtlinien und des Kennzeichnungsprozesses für die nationalen ACTRIS-Einrichtungen (d. h. das europäische Netzwerk von Stationen, Simulationskammern und mobilen Plattformen) übernommen und war maßgeblich an der Definition der Rolle der zentralen ACTRIS-Einrichtungen (d.h. der gemeinsamen Kalibrierungs- und Datenzentren) beteiligt. Basierend auf den Erfahrungen und dem Erfolg des Weltkalibrierungszentrums für Aerosolphysik (WCCAP), das das Institut seit 2002 beherbergt (Wiedensohler et al., 2018), leitet TROPOS die Implementierung des Europäischen Zentrums für Aerosolkalibrierung, eines der sechs ACTRIS-Themenzentren.

Mehrere TROPOS-Einrichtungen tragen bereits seit langem zu ACTRIS bei, und die kontinuierlichen Entwicklungsbemühungen des Instituts tragen zur Verbesserung der Forschungskapazitäten der Infrastruktur bei. Im Rahmen von EUROCHAMP-2020, das in ACTRIS integriert wird, haben die atmosphärischen Simulationskammern ACD-C und LACIS-T ihre Attraktivität durch die Bereitstellung eines länderübergreifenden Zugangs für externe Nutzer unter Beweis gestellt, wodurch die internationale Zusammenarbeit zunehmend gefördert und wissenschaftliche Ergebnisse intensiviert werden. An der Forschungsstation Melpitz, einem Kernstandort zur Erforschung langfristiger atmosphärischer Entwicklungen im Zentrum des europäischen Kontinents, wurden neue Messmethoden zur Partikel- und Gasphasenchemie etabliert und für die Implementierung in das ACTRIS-Beobachtungsnetzwerk qualifiziert (Stieger et al., 2019; Poulain et al., 2020), und erste mehrjährige Ergebnisse konnten erzielt werden (Stieger et al., 2018, 2021). Mit seinen vollautomatischen PollyNET-Lidar-Stationen (Engelmann et al., 2016) setzt TROPOS nun den Standard in ACTRIS für kontinuierliche Aerosol-Fernerkundungsbeobachtungen mit nahezu Echtzeit-Datenbereitstellung. Das Netzwerk wurde erfolgreich für die Validierung von Aerosolprodukten von Aeolus, dem ersten europäischen und ersten hochspektral auflösenden Lidar im Weltraum, eingesetzt (Baars et al., 2020).

Grafik: www.ACTRIS.eu

Forschung

Mineralstaub im "Staubgürtel"

In den letzten zwei Jahrzehnten hat TROPOS eine starke Expertise zu Mineralstaub-Aerosolen, den Prozessen, die ihre atmosphärische Verteilung bestimmen, und ihren Auswirkungen auf die Strahlungsbilanz der Erde und auf die Eisbildung in Mischphasenwolken entwickelt. Nach der sehr erfolgreichen Reihe von Feldmessungen und Modellierungsstudien, die sich auf den Staubtransport von der Westsahara über den Atlantik konzentrierten (Haarig et al., 2019), wurde ein neuer Schwerpunkt gesetzt, um den Staubgürtel ostwärts, vom tropischen Atlantik über das Mittelmeer bis nach Zentralasien, zu erfassen. In Duschanbe (Tadschikistan) wurde ein einzigartiger Standort für die Erstellung von Langzeitprofilen der Aerosoleigenschaften in einer Region eingerichtet, die stark vom Klimawandel betroffen ist (Hofer et al., 2020), wo zum ersten Mal Staubprofile bis zur Zirrenebene nachgewiesen wurden. Es wurden erhebliche Unterschiede in der vertikalen Staubverteilung, den optischen Eigenschaften und der Eisbildung zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil des Staubgürtels festgestellt.

Neue chemische Analysemethoden zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung von Mineralstaub, einschließlich seines Schwermetallgehalts (Fomba et al., 2018), führten zur Identifizierung der chemischen Fingerabdrücke von Staub anhand von Elementverhältnissen und Isotopensignaturen (Kumar et al., 2018). Die Ergebnisse geben Aufschluss über die jahreszeitlichen Schwankungen des Saharastaubtransports, die Ablagerung von staubbezogenen Spurenelementen, den Beitrag von Mineralstaub zur Luftverschmutzung und seine Rolle bei der Bildung von Meereswolken.

Das modellbasierte Verständnis des Mineralstaubkreislaufs wurde durch verschiedene und umfangreiche Studien der Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre und Oberfläche verbessert, was zur Entwicklung einer neuen Parametrisierung für die Staubemission durch feuerinduzierte Pyrokonvektion (Wagner et al., 2018, 2021) und für fluviale Ablagerungen führte, die nun in globale Atmosphärenmodelle implementiert werden. Atmosphärische Aerosolmodellsimulationen von synthetischen Infrarotbildern haben gezeigt, dass der von MSG SEVIRI (Meteosat Second Generation Spinning Enhanced Visible and InfraRed Imager) gelieferte Staubindex nur bei trockenen und heißen Bedingungen empfindlich auf Low-Level-Staub ist (Banks et al., 2019).

Highlight-Publikation:

Wagner, R., Jähn, M. and Schepanski, K. 2018.  Wildfires as a source of airborne mineral dust – revisiting a conceptual model using large-eddy simulation (LES). Atmos. Chem. Phys., 18, 11863-11884. https://doi.org/10.5194/acp-18-11863-2018.

Konzeptionelles Modell der Emissionen von Mineralstaub durch Vegetationsfeuer. Abbildung aus Wagner et al. (2018), doi.org/10.5194/acp-18-11863-2018.

Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre

Seit 2015 hat das TROPOS sein Forschungsportfolio insbesondere im Hinblick auf marine und polare Umgebungen erweitert. Das Thema Ozean-Atmosphäre-Wechselwirkungen wurde im Rahmen verschiedener mariner Feldkampagnen umfassend untersucht und mit der Entwicklung und Anwendung innovativer Probenahme- und Analysemethoden kombiniert (Huang et al., 2017; van Pinxteren et al., 2020; Zeppenfeld et al., 2021). Intensive Studien, die sich mit der Rolle der oberen Schicht des Ozeans (sea-surface microlayer, SML) befassen, haben gezeigt, dass diese dünne ozeanische Schicht eine treibende Rolle bei der Anreicherung wichtiger organischer Stoffe spielen kann (van Pinxteren et al., 2020; Triesch et al., 2021). Der potenziell große Einfluss mikrobiologischer Prozesse auf die SML und auf die Eigenschaften und die Zusammensetzung von Aerosolpartikeln wurde ebenfalls hervorgehoben (Zeppenfeld et al., 2021).

Detaillierte Boxmodellsimulationen wurden durchgeführt, um die chemische Mehrphasenverarbeitung von Dimethylsulfid (DMS) zu untersuchen, was darauf hindeutet, dass die Mehrphasenchemie von DMS die Aerosolpartikelmasse erhöht, aber nicht unbedingt die Aerosolpartikelanzahl. Dementsprechend kann die Konzentration an Wolkenkondensationskernen (CCN) über dem Ozean niedriger sein als in aktuellen Modellen angenommen, was somit auch für die Wolkenalbedo und entsprechende Auswirkungen auf den natürlichen Strahlungsantrieb gilt (Hoffmann et al., 2016).

Es wurden Zusammenhänge zwischen der chemischen Zusammensetzung und den mikrophysikalischen Eigenschaften aufgedeckt. Der Einfachzucker Glukose kann als biologischer Tracer für eiskeimbildende Partikel (INP) dienen, die mit biogeochemischen Prozessen in der SML in Verbindung stehen (Zeppenfeld et al., 2019). Die aktuellen Studien liefern erstmals umfassende Informationen über die Konzentration und Zusammensetzung von atmosphärenrelevanten organischen Stoffen in den verschiedenen marinen Kompartimenten (Meerwasser, Aerosolpartikel, Wolkenwasser). Der Vergleich der INP-Konzentrationen im Ozean und in der SML mit denen in der marinen Atmosphäre (sowohl im tropischen Atlantik als auch im Arktischen Ozean) zeigt, dass die Konzentrationen in der Luft nicht durch die Emissionen der Gischt erklärt werden können, es sei denn, es käme zu einer starken Anreicherung von INP während des Prozesses des Platzens der Blasen (Gong et al., 2020; Hartmann et al., 2021).

Die Modellierung windgetriebener Emissionen primärer Meerespartikel, die sowohl Meersalz als auch organische Komponenten enthalten, auf regionaler und globaler Ebene wurde anhand von Feldmessungen bewertet (van Pinxteren et al., 2020). Es wurde gezeigt, dass die Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit der primären Partikelemissionen die Emissionsparametrisierung im Vergleich zu Messungen deutlich verbessert. Eine Modellparametrisierung potenziell eisaktiver Komponenten wie marine Zuckerverbindungen ist derzeit in Arbeit.

Highlight-Publikation:

Hoffmann, E. H., Tilgner, A., Schrödner, R., Bräuer, P., Wolke, R. and Herrmann, H. 2016.  An advanced modelling study on the impacts and atmospheric implications of multiphase dimethyl sulfide chemistry. Proc. Nat. Acad. Sci. (PNAS), 113, 11776–11781. https://doi.org/10.1073/pnas.1606320113.

Probenahme des Oberflächenfilms (SML) im Atlantik. Foto: Hartwig Deneke/TROPOS

Polarregionen

Als logische wissenschaftliche Entwicklung dehnte das TROPOS die marinen Forschungsaktivitäten auf die Polarregionen aus, um Aerosol und Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen in der sich dramatisch erwärmenden Arktis und in der bisher wenig erforschten Antarktis zu untersuchen. Beide Regionen zeichnen sich durch eine starke marine Produktivität aus, deren Auswirkungen auf das biogene marine Aerosol, seine Rolle bei der Wolkenbildung und den Strahlungsantrieb noch wenig bekannt sind, wie die aktuelle Diskussion in der Literatur zeigt. 

Als starker Partner sowohl im DFG-Schwerpunktprogramm "Arctic Amplification: Klimarelevante Atmosphären- und Oberflächenprozesse und Rückkopplungen, (AC)3" als auch an der internationalen Polardrift-Expedition MOSAiC (Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate) hat TROPOS wesentliche Beiträge zum besseren Verständnis einer sich verändernden Arktis geleistet. Die früheren oberflächennahen Beobachtungen von TROPOS werden nun mit Hilfe von Fesselballons und aktiver Fernerkundung in die Vertikale ausgedehnt. Dieser Ansatz ermöglicht es, ein breiteres Spektrum wissenschaftlicher Fragen zu beantworten. So wurde beispielsweise festgestellt, dass die Zufuhr von Feuchtigkeit in stratiforme Grenzschichtwolken eine Erklärung für deren Langlebigkeit liefert (Egerer, 2021). 

Während der PASCAL- (Physical feedbacks of Arctic PBL, Sea ice, Cloud And Aerosol) und der MOSAiC-Kampagne führte die Fernerkundungsplattform OCEANET kontinuierliche Beobachtungen durch (Griesche et al., 2020) und lieferte einmalige Einblicke in Prozesse im Zusammenhang mit arktischem Dunst, Waldbrandrauch und Eisbildung (Engelmann et al., 2021).  Es wurde festgestellt, dass die arktische Atmosphäre im Sommer 2019 erheblich unter den sibirischen Waldbränden litt. Rauchschichten wurden in der oberen Troposphäre/unteren Stratosphäre (UT/LS) in der Nähe des Nordpols während der gesamten Wintersaison 2019/20 nachgewiesen und trugen möglicherweise zu dem parallel beobachteten rekordverdächtigen Ozonabbau bei (Ohneiser et al., 2021). Die Profilbeobachtungen wurden von hochauflösenden Strahlungs- und meteorologischen Messungen begleitet, um die mit dem aktuellen Klimawandel in der Arktis verbundenen Prozesse besser zu verstehen. Erstmals konnten mit einem dichten Netz autonomer Pyranometer charakteristische kleinräumige räumlich-zeitliche Schwankungen der Globalstrahlung auf einer Eisscholle mit bestimmten Wolkentypen in Verbindung gebracht werden (Barrientos et al., 2020).

Für eiskeimbildende Partikel (INP) in Polarregionen wurde zum ersten Mal beschrieben, dass es eine starke jährliche Variation mit hohen Konzentrationen von biologischem, hoch eisaktivem INP im arktischen Sommer gibt (Wex et al., 2019).  Während INP-Quellen im Allgemeinen schwer zu bestimmen sind, wurde eine starke lokale marine Quelle über offenen Wasserflächen gefunden (Hartmann et al., 2020).

Die Polarregion der südlichen Hemisphäre ist anfällig für den Klimawandel und im Hinblick auf die natürliche und anthropogene Aerosolverteilung sowie die Aerosol-Wolken-Interaktion untererforscht. Das TROPOS war maßgeblich an der Antarctic Circumnavigation Expedition (ACE) des Schweizerischen Polarinstituts beteiligt (Welti et al., 2020) und ist im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms "Antarktisforschung mit vergleichenden Untersuchungen in arktischen Eisgebieten" in der Antarktis- und Südmeerforschung engagiert. Aerosolmessungen einschließlich Wolkenkondensationskernen (CCN) und Eiskeimpartikeln (INP) in unberührter Umgebung sind wichtig für das Prozessverständnis und äußerst wertvoll als Modellrandbedingungen. Aerosolgrößenverteilungen mit einem dominanten Aitken-Modus wurden beobachtet und deuten auf eine sekundäre Partikelbildung in der oberen Troposphäre des Südlichen Ozeans als Quelle von Aerosolpartikeln in der Ostantarktis hin (Herenz et al., 2019).

Highlight-Publikation:

Engelmann, R., Ansmann, A., Ohneiser, K., Griesche, H., Radenz, M., Hofer, J., Althausen, D., Dahlke, S., Maturilli, M., Veselovskii, I., Jimenez, C., Wiesen, R., Baars, H., Bühl, J., Gebauer, H., Haarig, M., Seifert, P., Wandinger, U. and Macke, A. 2021.  Wildfire smoke, Arctic haze, and aerosol effects on mixed-phase and cirrus clouds over the North Pole region during MOSAiC: An introduction. Atmos. Chem. Phys., 21, 13397-13423. https://doi.org/10.5194/acp-21-13397-2021.

Mit OCEANET an Bord von Polarstern konnte während der MOSAiC-Expedition erstmals Rauch in der Atmosphäre der zentralen Arktis während der Polarnacht beobachtet werden. Foto: Hannes Griesche, TROPOS

Rauch aus der Verbrennung von Biomasse

In den letzten Jahren hat die Aerosolbelastung durch Rauch aus der Biomasseverbrennung bei Waldbränden erheblich zugenommen. Diese Entwicklung führte zu einem neuen Forschungsschwerpunkt, der sich mit der Verteilung, den physikalischen und chemischen Eigenschaften, den Transportprozessen und den Klimaauswirkungen von Rauchaerosolen befasst. Seit 2017 wurden in der nördlichen und südlichen Hemisphäre noch nie dagewesene Mengen an Rauch aus der Verbrennung von Biomasse mit Lidar beobachtet. Erhöhte Waldbrandaktivität in Verbindung mit großen Pyrocumulonimbus-Ereignissen führte zu langfristigen Störungen in der Stratosphäre. Der von Bränden in Nordamerika im Sommer 2017 freigesetzte Rauch wurde mit dem automatisierten Lidar-Netzwerk von TROPOS über Europa mehr als ein halbes Jahr lang beobachtet (Baars et al., 2019). Die gewaltigen australischen Buschbrände im Januar 2020 verursachten Aerosolschichten, die bis in Höhen von etwa 30 km aufstiegen, wie von der LACROS-Station in Punta Arenas, Chile, beobachtet wurde (Ohneiser et al., 2020). Das Aerosol blieb mehr als ein Jahr lang in der Stratosphäre der Südhemisphäre und verursachte eine massive Störung der Strahlungsbilanz (Heinold et al., 2021).

Im Zusammenhang mit den Rauchbeobachtungen in der Süd- und Nordhemisphäre wurden bisher unbekannte Prozesse wie der Strahlungsauftrieb von Aerosolschichten in die Stratosphäre dokumentiert und mit Modellstudien verifiziert. Die mit dem IAGOS-CARIBIC-Flugzeug beobachteten hohen Konzentrationen und dicken Schichten von Biomasse verbrennenden Rauchpartikeln unterstreichen, dass der Rauch eine starke lokale Erwärmung in der untersten Stratosphäre induzieren kann und einen signifikanten Einfluss auf den regionalen Strahlungsantrieb des Klimas haben könnte (Ditas et al., 2018). Die bisher nicht vorhandenen Rauchpartikel in diesen Höhenbereichen können die stratosphärische Ozonchemie beeinflussen und das INP-Reservoir der UT/LS vergrößern (Ohneiser et al., 2021). Um die komplexen Prozesse im Zusammenhang mit Rauchaerosolen weiter zu untersuchen, wird am ACD-C eine umfangreiche Reihe kinetischer Messungen von Verbindungen durchgeführt, die bei der Verbrennung von Biomasse emittiert werden, mit dem Ziel, einen speziellen Mehrphasen-Mechanismus für eine bessere Modellierung der Biomasseverbrennung und ihrer Auswirkungen auf die Atmosphäre zu konstruieren.

Highlight-Publikation:

Ohneiser, K., Ansmann, A., Baars, H., Seifert, P., Barja, B., Jimenez, C., Radenz, M., Teisseire, A., Floutsi, A., Haarig, M., Foth, A., Chudnovsky, A., Engelmann, R., Zamorano, F., Bühl, J. and Wandinger, U. 2020.  Smoke of extreme Australian bushfires observed in the stratosphere over Punta Arenas, Chile, in January 2020: Optical thickness, lidar ratios, and depolarization ratios at 355 and 532 nm. Atmos. Chem. Phys., 20, 8003-80015. https://doi.org/10.5194/acp-20-8003-2020.

LACROS in Punta Arenas. Die Rückwärtstrajektorien zeigen wie die Luftmassen den Rauch aus Australien über den Pazifik nach Chile transportierten. Foto/Grafik: Patric Seifert/ Martin Radenz, TROPOS

Mischphasenwolken

Die Erforschung der physikalischen Aerosol-Wolken-Wechselwirkung hat in den letzten zehn Jahren im Forschungsportfolio des Instituts zunehmend an Bedeutung gewonnen. Es wurden große Anstrengungen unternommen, um verbesserte Beobachtungstechniken, neue Methoden und experimentelle Studien zu entwickeln. Im Labor kann die Wolke-Aerosol-Wechselwirkung nun unter turbulenten Bedingungen im präzisen thermodynamisch kontrollierten Aufbau von LACIS-T untersucht werden. In ersten Experimenten wurden eindeutige Hinweise auf den Einfluss turbulenter Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit auf Deliqueszenz und Tröpfchenbildung gefunden (Niedermeier et al., 2020).

Neue Fernerkundungsinstrumente und deren konsequente synergetische Nutzung haben zu neuen Erkenntnissen über Eisbildungsprozesse in Mischphasen- und Zirruswolken geführt. Erstmals konnte mit neuartigen Lidar-Radar-Techniken ein Zusammenhang zwischen der INP-Konzentration in der Umgebung der Wolken und der Anzahl der in der Wolke gebildeten Eiskristalle hergestellt werden (Ansmann et al., 2019; Bühl et al., 2019) und das gegensätzliche Verhalten von eishaltigen Wolken unter unberührten und verschmutzten Bedingungen gezeigt werden (Radenz et al., 2021). Ein erfolgreicher Abschluss im Fall von Mischphasenwolken sowie Zirren bedeutet, dass Aerosolpartikel die Entwicklung von Eiskristallen in den beobachteten Wolkensystemen steuern. Im Widerspruch zu gängigen Modellen, die eine Dominanz des homogenen Gefrierens postulieren, zeigen TROPOS-Messungen, dass heterogene eisbildende Prozesse eine wichtige Rolle für die Zirrusbildung in staub- und rauchbelasteter Umgebung spielen (Weger et al., 2018; Ansmann et al., 2019; Engelmann et al., 2021). In diesem Zusammenhang haben auch Flugzeugmessungen im Rahmen von IAGOS-CARIBIC gezeigt, dass vulkanische Aerosolpartikel aus der Stratosphäre in die obere Troposphäre eindringen und zu Veränderungen der optischen Eigenschaften von Zirruswolken führen (Friberg et al., 2015).

Darüber hinaus wurden neue Offline-Techniken zur Bestimmung von INP-Konzentrationen intensiv genutzt, was zu Ergebnissen über INP in entlegenen Gebieten wie der Arktis (Hartmann et al., 2019, Wex et al., 2019), dem Südlichen Ozean (Welti et al., 2020) oder dem von der Sahara beeinflussten Gebiet (Gong et al., 2020), aber auch in stark verschmutzten Gebieten wie Peking (Chen et al., 2018) führte. Es zeigte sich deutlich, dass die anthropogene Verschmutzung im Allgemeinen nicht zur aktiven INP in der Mischphasenwolke beiträgt. Außerdem haben wir zum ersten Mal festgestellt, dass die INP-Konzentrationen in der Arktis in den vergangenen Jahrhunderten vor 1990 nicht angestiegen sind (Hartmann et al., 2019).

Highlight-Publikation:

Hartmann, M., Blunier, T., Brügger, S. O., Schmale, J., Schwikowski, M., Vogel, A., Wex, H. and Stratmann, F. 2019. Variation of ice nucleating particles in the European Arctic over the last centuries. Geophys. Res. Lett., 46, https://doi.org/10.1029/2019GL082311.

Wolken in der Arktis währen der Polarstern-Expedition PS106. Foto: Carola Barrientos, TROPOS

Warme Wolken

Die Beziehung zwischen der Wolkentröpfchenzahlkonzentration in reinen Flüssigwasserwolken und der Anzahl der Wolkenkondensationskerne (CCN) unterhalb der Wolkenbasis wurde mit einer neu entwickelten Lidar-Technik systematisch untersucht. Auf diese Weise konnte der Aerosol-Wolken-Interaktionsindex, der den Twomey-Effekt quantifiziert, in sauberen und verschmutzten Umgebungen bestimmt werden (Jimenez et al., 2020, 2020).

Mit der hubschraubergestützten Plattform “Airborne Cloud Turbulence Observation System” (ACTOS) wurden erstmals typische Fluktuationen im Feuchtefeld während des Beginns der Kumuluskonvektion gemessen (Siebert et al., 2020). Hohe Schwankungen in der Übersättigung könnten das Auftreten großer Wolkentröpfchen bereits in diesem frühen Wolkenstadium plausibel erklären und neue Erkenntnisse über die Tröpfchenaktivierung liefern (Siebert und Shaw, 2017). Mit den hochauflösenden ACTOS-Messungen wurde außerdem auf kleinen Skalen gezeigt, dass warme Wolken auch zur Bildung neuer Partikel beitragen können (Wehner et al., 2015).

Online-Insitu-Messungen von CCN aus entlegenen Gebieten wie dem Südpolarmeer haben sich als äußerst wertvoll erwiesen, um globale Modelle im Hinblick auf den Strahlungsantrieb aufgrund von Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen einzuschränken (Regayre et al., 2020).

Highlight-Publikation:

Siebert, H. and Shaw, R. A. 2017.  Supersaturation fluctuations during the early stage of cumulus formation. J. Atmos. Sci., 74, 975-988. https://doi.org/10.1175/JAS-D-16-0115.1.

Wolken während des Feldexperiments „Azores stratoCumulus measurements Of Radiation, turbulEnce and aeroSols“ (ACORES) 2017. Foto: Birgit Wehner, TROPOS

Multiphasenchemie

Kombinierte Labor-, Feld- und Modellierungsstudien zur troposphärischen Multiphasenchemie sind ein zentrales Forschungsthema und eine Schlüsselkompetenz des TROPOS. Hier wurden mehrere umfassende und viel zitierte Literaturübersichten über (i) troposphärische Mehrphasenchemie-Prozesse (Herrmann et al., 2015), (ii) troposphärische NO3-Radikalchemie von BVOCs (Ng et al., 2017) und (iii) die Auswirkungen des Säuregehalts von Partikeln und Wolken (Pye et al., 2020; Tilgner et al., 2021) zusammengestellt, die sowohl einen breiten Überblick als auch Perspektiven für zukünftige Forschung bieten.

In Laborstudien in wässriger Phase wurde die Wettbewerbskinetik radikalgetriebener oxidativer Abbaureaktionen weiter verfeinert, basierend auf dem hochmodernen Laser-Flash-Photolysesystem. Auf diese Weise konnte die Oxidation von Terpensäuren durch atmosphärisch relevante Radikale untersucht werden. Das Reaktionsverhalten von Photosensibilisatoren in der wässrigen Phase ist intensiv untersucht worden und hat ihre Rolle in der Aerosolphase geklärt (Felber et al., 2020; 2021).

Aus Labormessungen resultierende mehrphasige chemische Mechanismen wurden kontinuierlich weiterentwickelt und bei der Prozessmodellierung für realistische atmosphärische Bedingungen angewandt, um deren Auswirkungen auf Luftqualität und Klima zu untersuchen. Der erste automatisierte CAPRAM-GECKO-Mechanismusgenerator und ein neuer CAPRAM-Kernmechanismus (CAPRAM4.0) wurden konstruiert und in Prozessmodellstudien angewandt, die erhebliche Auswirkungen der organischen Chemie auf das Budget von radikalen Oxidantien und sekundären organischen Verbindungen zeigten. Für die marine Aerosolchemie wurde ein neu anerkannter DMS-Reaktionspfad, erweitert um MSA-Reaktionen in der wässrigen Phase, in reduzierter Form in die regionalen COSMO-MUSCAT- und globalen ECHAM-HAMMOZ-Modelle implementiert (Hoffmann et al., 2020; Hoffmann et al., 2016). Die Ergebnisse zeigen die wichtige Rolle der mehrphasigen DMS-Oxidation für SO2, MSA und nss-Sulfat, mit direkten Auswirkungen auf das Klima durch die Bildung neuer Partikel und die Aktivierung von CCN. Darüber hinaus wurde ein neu entwickelter Mechanismus, der die komplexe Mehrphasenchemie reaktiver Halogenverbindungen beschreibt, angewandt, um den Einfluss auf die Luftqualität an verschmutzten Küsten zu untersuchen. Die Simulationen zeigten, dass die Wechselwirkung reaktiver Halogenverbindungen mit NOx für die Bestimmung der NOx- und SOA-Konzentrationen entscheidend ist. Andere Untersuchungen zeigten die Schlüsselrolle der Multiphasenchemie für die Bildung und den Verbleib substituierter aromatischer Verbindungen in der Troposphäre und ihre Auswirkungen auf braunen Kohlenstoff.

Highlight-Publikation:

Herrmann, H., Schaefer, T., Tilgner, A., Styler, S. A., Weller, C., Teich, M. and Otto, T. 2015.  Tropospheric aqueous-phase chemistry: Kinetics, mechanisms, and its coupling to a changing gas phase. Chem. Rev., 115, 4259-4334. https://doi.org/10.1021/cr500447k.

Entwicklung und Anwendung von Multiphasenmechanismen zur Untersuchung der chemischen Prozesse in Wolkentröpfchen und zerflossenen Partikeln mittels detaillierter Prozessmodellierung. Grafik: Andreas Tilgner, TROPOS

Gasphasenchemie

Im Bereich der Gasphasenchemie wurde auf der Grundlage modernster Durchflusssysteme und neuester massenspektrometrischer Techniken ein direkterer Einblick in atmosphärische Oxidationsprozesse möglich, vor allem durch die direkte Überwachung reaktiver Zwischenprodukte wie Criegee-Zwischenprodukte (Berndt et al., 2017) und RO2-Radikale (Berndt et al., 2016; Berndt et al., 2018).  Nachweisgrenzen bis hinunter zu 104 Molekülen cm-3, also unterhalb des ppq-Niveaus (parts per quadrillion, 10-15), ermöglichen Untersuchungen auf atmosphärisch relevanten Konzentrationsniveaus und überwinden damit die Schwächen der mechanistischen Studien der Vergangenheit. So wurde in Zusammenarbeit insbesondere mit Experten aus der Quantenchemie eine Reihe neuartiger Gasphasenprozesse entdeckt, wie z.B. die Tages-HOM-Bildung aus der OH + Terpen-Reaktion (Berndt et al., 2016) oder die Bildung von Akkretionsprodukten ROOR' aus der RO2 + R'O2-Reaktion (Berndt et al., 2018). Wie kürzlich untersucht wurde, sind die beobachteten HOMs und ROOR'-Produkte wichtig für die SOA-Bildung (Bianchi et al., 2019), wobei TROPOS einen wichtigen Beitrag leistet. Darüber hinaus wurden neue Reaktionswege aus dem durch OH-Radikale initiierten Abbau von Dimethylsulfid (DMS) und Dimethyldisulfid (DMDS) entdeckt, die für die Bildung von Schwefelsäure und Methansulfonsäure wichtig sind. Insbesondere Schwefelsäure ist eine wichtige Vorläufersubstanz für die Bildung von Keimen in der Atmosphäre. Die direkte Überwachung des einfachsten Criegee-Zwischenprodukts, CH2OO, aus der Ozonolyse von Ethylen unter atmosphärischen Bedingungen wurde zum ersten Mal möglich. Kinetische Messungen bestätigten die Gasphasenreaktivität von CH2OO in der Atmosphäre (Berndt et al., 2017). Ein TROPOS-Beitrag unterstützte das mechanistische Verständnis der Bildung neuer Partikel auf molekularer Ebene, die in jodreichen Gebieten relevant sind (Sipilä et al., 2016).

Highlight-Publikation:

Berndt, T., Herrmann, H. and Kurten, T. 2017.  Direct probing of Criegee intermediates from gas-phase ozonolysis using chemical ionization mass spectrometry. J. Amer. Chem. Soc., 139, 13387-13392. https://doi.org/10.1021/jacs.7b05849.

Laborversuche zu atmosphärischen Oxidationsprozesse ermöglichten die direkte Beobachtung reaktiver Zwischenprodukte wie Criegee-Intermediate. Foto: Tilo Arnhold,TROPOS

Sekundäre organische Stoffe

Sekundäres organisches Material ist eine der häufigsten, aber am wenigsten verstandenen Komponenten atmosphärischer Partikel. Eine neu entwickelte Methode, die Flüssigphasenfraktionierung mit ultrahochauflösender Massenspektrometrie kombiniert, ermöglichte beispiellose Einblicke in die große molekulare Vielfalt dieser organischen Verbindungen (Spranger et al., 2019). Unter ihnen wurden erstmals hoch oxidierte organische Moleküle (HOMs) in der Partikelphase nach dem Transfer aus der Gasphase identifiziert (Mutzel et al., 2015) und es wurde festgestellt, dass hoch oxidierte Organosulfate wahrscheinlich in der wässrigen Phase gebildet werden (Mutzel et al., 2015). Das aktuelle Wissen über Bildung, Häufigkeit, Verbleib und Bedeutung von Organosulfaten als wichtige SOA-Bestandteile wurde zum ersten Mal überprüft und zusammengefasst (Brüggemann et al., 2020). Für kontinentales Aerosol wurde ein kinetischer Ansatz zur Modellierung der SOA-Bildung unter Berücksichtigung von Partikelgröße und Viskosität entwickelt, durch Kammermessungen evaluiert und für Mitteleuropa angewendet (Gatzsche et al., 2017).

Highlight-Publikation:

Gatzsche, K., Iinuma, Y., Tilgner, A., Mutzel, A., Berndt, T. and Wolke, R. 2017.  Kinetic modeling studies of SOA formation from α-pinene ozonolysis. Atmos. Chem. Phys., 17, 13187-13211. https://doi.org/10.5194/acp-2017-275.

Sekundäres organisches Material ist einer der Schwerpunkte der Laboruntersuchungen in der Atmospheric Chemistry Department - Chamber (ACD-C). Foto: Tilo Arnhold, TROPOS

Transfer

Luftqualität und Gesundheit

TROPOS hat weltweit führende Standards für hochwertige Messungen mikrophysikalischer Eigenschaften von Aerosolen entwickelt, die in zahlreichen Studien zur Luftqualität und Gesundheit in Deutschland und weltweit eingesetzt werden. Die "TROPOS-Aerosol-Rucksäcke" wurden für die Kartierung von Schadstoffkonzentrationen in städtischen Gebieten (Manila, Rom, La Paz, Leipzig, Dresden etc.) und die Bestimmung der persönlichen Exposition entwickelt, führten aber auch zur Erstellung von Empfehlungen für hochwertige mobile Messungen, die für wissenschaftliche Untersuchungen geeignet sind (Alas et al., 2019), und zur Beteiligung der Bürger an der Luftschadstoffkartierung. TROPOS hat mit Partnern aus der Leibniz-Gemeinschaft dabei neue Transferinstrumente entwickelt, um die Öffentlichkeit für das Konzept der Luftqualität, Ursachen von Luftverschmutzungen und deren gesundheitliche Auswirkungen zu sensibilisieren. Dazu gehören eine Reihe mobiler und einfach zu bedienender Rucksäcke für PM10- und Rußmessungen, ein neuartiger Ansatz für eine hocheffiziente, hochauflösende Modellierung der Luftqualität und eine Benutzerplattform für weitere Analysen und den Austausch mit Wissenschaftlern am TROPOS
Die mobilen Messungen wurden erweitert, um die Atemwegsdepositionsdosis (RDD) in verschiedenen Mikroumgebungen zu untersuchen (Madueno et al., 2020) und die Auswirkungen verschiedener Faktoren auf die RDD, z. B. Aktivität, Geschlecht oder Dynamik der Partikelinhalation (Madueno et al., 2019). Messungen von Schwarzem Kohlenstoff (BC) wurden mit technologischen, soziopolitischen und gesundheitlichen Aspekten verknüpft, um das Wissen, die politischen Entscheidungen, die Verkehrsplanung und klinische Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung in Metro-Manila, Philippinen, zu verbessern (Tönisson et al., 2020).
TROPOS koordiniert zusammen mit dem Umweltbundesamt (UBA) das Deutsche Netzwerk für Ultrafeine Aerosole (GUAN), das 17 Messstellen umfasst. Basierend auf den GUAN-Daten konnten für den Zeitraum 2009 bis 2018 deutschlandweit abnehmende Trends der BC- und ultrafeinen Partikelanzahlkonzentrationen von einigen Prozent pro Jahr festgestellt werden (Sun et al., 2020). Diese Trends sind vor allem auf verringerte anthropogene Emissionen zurückzuführen und daher sehr wertvoll für die Bewertung der Wirksamkeit von Luftreinhaltemaßnahmen.
Um die Weiterentwicklung von regionalen Minderungsstrategien zu unterstützen, arbeitet das TROPOS in Projekten eng mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt (LfULG) zusammen. In einem dieser Projekte wurden durch Messungen der chemischen Zusammensetzung die Hauptquellen der Feinstaubbelastung im Raum Leipzig quantifiziert, darunter der Verkehr, die sekundäre Bildung aus anthropogenen Vorläufersubstanzen und die Verbrennung fester Brennstoffe (van Pinxteren et al., 2016).  In einer deutschlandweit einmaligen Studie wurde die Wirkung einer Umweltzone untersucht und festgestellt, dass dadurch in Leipzig Ruß und Ultrafeinstaub um mehr als die Hälfte reduziert und die Gesundheitsbelastung deutlich deutlich gesenkt werden konnte. Unter Beteiligung des TROPOS wurde eine neuartige Luftschadstoffdrohne entwickelt, die flexibel eingesetzt werden kann und zukünftig auch die vertikale Verteilung verschiedener Luftschadstoffe untersuchen kann. Bereits vorhandene technische Lösungen für die Luftschadstoffproblematik werden vom TROPOS häufig evaluiert. So wurde beispielsweise die Wirksamkeit von belüfteten biologischen Filtern (Moosbäume, Green City Solutions GmbH) getestet. Dabei zeigte sich bei Messungen in Innenräumen eine signifikante Reduzierung der Partikelanzahlkonzentration um bis zu 30 Prozent, während sich die Filterwirkung im Freien als abhängig von den meteorologischen Bedingungen erwies.
Darüber hinaus hat das TROPOS durch seine Öffentlichkeitsarbeit und über wissenschaftliche Fachgesellschaften 2020/21 die Öffentlichkeit beraten, wie die Verbreitung von infektiösen Viren durch Aerosolpartikel besser bekämpft und die COVID-19-Pandemie eingedämmt werden kann. Dazu gehören unter anderen das “Positionspapier der Gesellschaft für Aerosolforschung zum Verständnis der Rolle von Aerosolpartikeln beim SARS-CoV-2 Infektionsgeschehen”, die Stellungnahme “Covid-19 und die Rolle von Aerosolpartikeln”, der offene Brief an die Politik “Ansteckungsgefahren aus Aerosolwissenschaftlicher Perspektive”, “Empfehlungen gegen Ausbreitung von COVID-19 über Aerosole in Krankenhäusern und Pflegeheimen”, das Webinar “Dicke Luft im Klassenzimmer” sowie ein “FAQs on Protecting Yourself from Aerosol Transmission”.
Um den Kontrast zwischen Innen- und Außenbereich besser zu erfassen, wurden erstmals Aerosolmessungen in Innen- und Außenbereichen von 40 Haushalten durchgeführt, jeweils eine Woche lang in zwei verschiedenen Jahreszeiten parallel (Zhao et al., 2020). Es wurde gezeigt, dass verschiedene Quellen sehr hohe Partikelkonzentrationen in Innenräumen erzeugen können, und die entsprechenden Emissionsraten wurden ebenfalls quantifiziert, was zu Empfehlungen für die Zukunft führte. Um die Bedeutung der Biomasseverbrennung für die regionale Luftqualität und die menschliche Gesundheit zu untersuchen, hat das TROPOS außerdem Feldexperimente in Regionen mit unterschiedlich starker Biomasseverbrennung durchgeführt, und zwar in Berlin, Leipzig, Melpitz (Deutschland), Loški Potok (Slowenien) und an anderen Standorten. Es wurde festgestellt, dass die Biomasseverbrennung eine starke Triebkraft für schwere Verschmutzungsepisoden in ganz Ostdeutschland ist, wobei bis zu 50 % auf den grenzüberschreitenden Schadstoffimport zurückzuführen sind (van Pinxteren et al., 2019). Es wurden numerische Simulationen der Strahlungseigenschaften dieses Aerosoltyps (beschichteter fraktaler Ruß) durchgeführt und Parametrisierungen entwickelt, die auch in Modellen angewendet werden können (Romshoo et al., 2021).
Aerosol-Expertinnen und Experten des TROPOS sind gefragte Interviewpartner für die Medien (Beispiel: Aktualisierte WHO-Leitlinie zur Luftqualität) und bringen ihr Wissen aus drei Jahrzehnten Forschung neben der nationalen Ebene auch auf internationaler Ebene ein, so z.B. auf den UN-Klimakonferenzen COP24 in Katowice und COP25 in Madrid.

Highlight-Publikation:

Sun, J., Birmili, W., Hermann, M., Tuch, T., Weinhold, K., Merkel, M., Rasch, F., Müller, T., Schladitz, A., Bastian, S., Löschau, G., Cyrys, J., Gu, J., Flentje, H., Briel, B., Asbach, C., Kaminski, H., Ries, L., Sohmer, R., Gerwig, H., Wirtz, K., Meinhardt, F., Schwerin, A., Bath, O., Ma, N. and Wiedensohler, A. 2020.  Decreasing trends of particle number and black carbon mass concentrations at 16 observational sites in Germany from 2009 to 2018. Atmos. Chem. Phys., 20, 7049-7068. https://doi.org/10.5194/acp-20-7049-2020.

Grafik: www.Luft-Leipzig.de