Mit einem jährlichen globalen Emissionsfluss von etwa 2000 Megatonnen pro Jahr trägt Mineralstaub maßgeblich zur globalen atmosphärischen Aerosolbelastung bei. Er verändert die Strahlung und stimuliert Prozesse der Wolken- und Niederschlagsbildung. Mineralstaub für das Verständnis des Erdsystems unverzichtbar, dennoch ist das Detailwissen über den atmosphärischen Staubkreislauf und seine Rückkopplungsmechanismen noch begrenzt. Synergetische Ansätze zeigen vielversprechende Ergebnisse, um die Komplexität des Staubkreislaufs zu entschlüsseln. Die Modellierungsabteilung des TROPOS befasst sich mit einer Kombination verschiedener Aspekte des Staubkreislaufs.

 

Natürliche und anthropogene Mineralstaubquellen

 

Abb. 1: Schematische Darstellung der Staubprozesse an der Grenze von Boden und Atmosphäre (Abbildung: K. Schepanski)

Staubquellen und Staubemission stehen am Anfang des atmosphärischen Lebenszyklus von Mineralstaubaerosol. Als Ursprungsort der Staubpartikel in der Atmosphäre ist das Wissen wann-wo-wieviel Staub in die Atmosphäre eingetragen wird entscheidend für den anschließenden Transport von Staubwolken in entfernte Regionen.
Die Emission von Staubpartikeln als erstes Element des atmosphärischen Staubkreislaufs kann als ein Prozess an der Grenze zwischen Atmosphäre und Boden gesehen werden (Abb. 1). Ein verfügbares und geeignetes Angebot an feinen Sedimentpartikeln muss vorhanden sein; gleichzeitig muss die Windgeschwindigkeit in Bodennähe ausreichend hoch sein, um Partikel in die untere Atmosphäre, die Grenzschicht, einzutragen. Es gibt also Orte, an denen die Staubemission auf Grund des Sedimentangebots limitiert ist, und Orte, an denen die Staubemission auf Grund zu geringer Windgeschwindigkeiten begrenzt ist.
Um den atmosphärischen Staubkreislauf zu charakterisieren und so einen Beitrag zur Erforschung der raum-zeitlichen Schwankungen von Wüstenstaub zu leisten, untersuchen wir verschiedene Einflussfaktoren:

  1. Staubquelle: Welche Bodeneigenschaften sind vorhanden und gibt es Veränderungen im Laufe der Zeit?

  2. Emissionsprozesse: Unter welchen meteorologischen Bedingungen ist die Windgeschwindigkeit ausreichend hoch um Bodenpartikel in die Luft zu heben und dort verweilen zu lassen?

Zur Erforschung der raum-zeitlichen Schwankungen der Emissionen von Wüstenstaub werden Methoden der numerischen Modellierung und der Satellitenfernerkundung kombiniert. Zu den spezifischen Staubquellen, die bisher in Modellen unterrepräsentiert sind, gehören alluviale Sedimente und feuerinduzierte Staubemission.

 

Abb. 2: Die Gesamtzahl der Staubereignisse für das Air Gebirge, die aus MSG-SEVIRI Satellitenbildern ermittelt wurden (A). und ein zeigt ein Echtfarbenbild des Untersuchungsgebiets (B). Die unteren Bilder zeigen die Ergebnisse der Modellimplementierung inklusive allubialer Quellen (C) und ohne diese Quellen (D). (Abbildungen aus Feuerstein und Schepanski (2019), doi.org/10.3390/rs11010004).

Staubemissionen in Trockentälern und Schwämmflächen agieren häufig als Staubquelle in Nordafrika und unterliegen einer raum-zeitlichen Veränderung bezüglich ihre Erodierbarkeit. Jährliche Schwankungen der lokalen Staubemissionen sind häufig zu beobachten. Aufbauend auf einer Charakterisierung der zeitlichen Variabilität dieses Staubquelltyps kann die Darstellung im numerischen Modell verbessert werden (Abb. 2).

 

Abb. 3: Konzeptionelles Modell der Emissionen von Mineralstaub durch Vegetationsfeuer. Abbildung aus Wagner et al. (2018), doi.org/10.5194/acp-18-11863-2018.

Ein Eintrag von Staubpartikeln in kann in Verbindung mit durch Vegetationsfeuer auftreten. In Rauchfahnen von Vegetationsbränden findet man häufig Spuren von Mineralstaub, welcher von den feuer-induzierten Winden aufgewirbelt wird. Um diesen Staubemissionsfluss abzuschätzen, wurde eine synergistischen Staubemissionsparametrisierung entwickelt, die sowohl den Saltations- als auch den Turbulenz-getriebenen Staubfluss umfasst (Abb. 3).

 

Atmosphärischer Transport von Mineralstaubaerosol

 

Zur Untersuchung des großräumigen Transports von Saharastaub einschließlich seiner Quellen und Senken werden Simulationen mit dem regionalen Transportmodell COSMO-MUSCAT und mit dem globalen Aerosol-Klimamodell ECHAM-HAM durchgeführt. Bodengebundene Fernerkundung und Satellitendaten sowie in-situ Messungen von Feldkampagnen dienen der Evaluierung der Simulationsergebnisse und einer stetigen Verbesserung der Parametrisierung der Staubmobilisierung.
Nährstoffzufuhr durch Deposition des Saharastaubes wurde in den tropischen Nordatlantik anhand von Ergebnissen des COSMO-MUSCAT für Einzelereignisse abgeschätzt (Abb. 4). Zudem werden für eine Charakterisierung der saisonalen und interannuellen Variabilität der Staubeinträge in die Atmosphäre mehrjährige Simulationen mit dem Regionalmodell durchgeführt und mit Satellitendaten verglichen.

 

Abb. 4: Modellierte Verteilung trockener und nasser Deposition von Saharastaub. (B. Heinold/TROPOS)

Abb. 5: Mittlere Wüstenstaub-RGB-Farben, simuliert durch COSMO-MUSCAT-RTTOV, unterteilt in Bereiche der Oberflächentemperatur (kühl - heiß), des Wasserdampfgehalts (trocken-nass) und der Höhe der Staubschicht. Die Werte nehmen gegen den Uhrzeigersinn zu. Die Zahlen auf den einzelnen Segmenten geben den mittleren roten Rot-Wert mit zwei Dezimalstellen an. Einschub: Simuliertes SEVIRI-Wüstenstaub-RGB-Bild, 1200 UTC, 17. Juni 2012. (siehe Banks et al., 2019, doi:10.5194/acp-19-6893-2019)

Der Einfluss der atmosphärischen Zusammensetzung und der Bodeneigenschaften auf die Farbe des Staubaerosols in MSG-SEVIRI Falschfarbenbildern wurde mit dem Aerosoltransportmodell COSMO-MUSCAT und dem Strahlungstransfermodell RTTOV analysiert. Die resultierende “Staub”-Farbe in den RGB-Komposit-Bildern wurde in Bezug auf die Oberflächentemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Höhe der Staubschicht untersucht. Staub erscheint in den Bildern pink, bedingt durch hohe Rot-Werte im RGB-Farbschema. Dies wird besonders deutlich, wenn die Atmosphäre trocken ist, die Staubschicht optisch dick und in größere Höhen liegt (Abb. 5).

 

Auswirkungen atmosphärischer Mineralstaubpartikel

Staubpartikel beeinflussen über die Modifikation der lang- und kurzwelligen Strahlungsflüsse auf die Prognose von Temperatur- und Strömungsfeldern sowie die Wolkendynamik. So werden mit Hilfe der modellierten raumzeitlichen Verteilung von Mineralstaub die Einflüsse der Staubpartikel über die Modifikation der lang- und kurzwelligen Strahlungsflüsse auf die Prognose von Temperatur- und Strömungsfeldern sowie die Wolkenbildung quantifiziert.
Neben seinen Auswirkungen auf die atmosphärische Strahlung und Wolkeneigenschaften reduziert Mineralstaub die lokale Luftqualität und wird allgemein mit negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit in Verbindung gebracht. Im Zusammenhang  mit der Bewertung des Gesundheitsrisikos durch Saharastaub auf den Kapverden wurde begonnen, eine quellenabhängige Zuordnung der Staubmineralogie im Staubmodell zu berücksichtigen,  da die mineralogische Zusammensetzung des Staubs einen Einfluss auf das Mikrobiom der Staubpartikel haben kann.