Abb.1: Die Abbildung zeigt die zeitliche Entwicklung flacher, konvektiver Wolkenfelder innerhalb von zwei Stunden. Die sichtbaren und nah-infraroten Beobachtungen des Meteosat SEVIRI Instruments wurden zu einem Falschfarbenbild zusammengestellt (aus Bley et al., 2016).
Beobachtung von Quellwolken und Gewittern
Flache, konvektive Wolkenfelder
Die hohe raumzeitliche Variabilität von konvektiven Wolken hat erhebliche Auswirkungen auf den Einfluss, den diese Wolken auf die atmosphärische Strahlung haben. Flache Wolkenfelder reflektieren das einfallende Sonnenlicht. Aus dem Weltraum betrachtet erscheinen sie weiß. Zudem emittieren sie bei relativ hohen Temperaturen thermische Strahlung. Zusammengenommen führt dies dazu, dass in Regionen mit flachen Wolken mehr Strahlungsenergie die Atmosphäre verlässt als in sie hineinkommt – das Erdklima also durch flache Wolken gekühlt wird. Konvektive Wolkenfelder sind aber durchbrochen, haben häufig eine komplexe räumliche Struktur und verändern sich ständig, was es schwierig macht, den eigentlichen Strahlungseffekt dieser Wolken genau zu bestimmen. Aus diesen Gründen wird am TROPOS die raumzeitliche Variabilität von Wolkenfeldern erforscht. Beobachtungen der geostationären Meteosat-Satelliten ermöglichen es sowohl die räumliche Struktur von konvektiven Wolkenfeldern als auch deren zeitliche Veränderung abzuschätzen. Durch das Verfolgen von Wolkenstrukturen kann auf deren typische Lebenszeit geschlossen werden (siehe Abb. 1 und Bley et al., 2016), welche die zeitliche Entwicklung des Bedeckungsgrades und den Wolken-Strahlungseffekt beeinflusst.
Lebenszyklus von Gewittern: Von Auslösung bis Hagelschlag
Hochreichende Quellwolken, die sich speziell an heißen Sommertagen zu Gewittern auftürmen, sind beeindruckende, aber auch gefahrbringende Phänomene des kontinentalen Wetters. Ein vertieftes wissenschaftliches Verständnis der Entstehung und des Wachstumsprozesses dieser Wolken ist die notwendige Grundlage für die Vorhersage und Warnung vor diesen Unwetterereignissen mit großer gesellschaftlicher Relevanz. Des Weiteren ist der Einfluss des Menschen auf die Charakteristika hochreichender konvektiver Wolken weitgehend unverstanden. Aus diesen Gründen wird am TROPOS der Lebenszyklus von Schauern und Gewittern in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst erforscht (z.B. Projekte: HErZ, INCITES). Über Deutschland stehen zusätzlich zu fein gerasterten Radardaten und Blitzdetektionen auch Beobachtungen der geostationären Meteosat-Satelliten zur Verfügung. Aus der Kombination dieser Fernerkundungsdaten (siehe z.B. Abb. 2) kann man erkennen, wo Gewitter auslösen, wie sie Wachsen und welche Gefahren sie bringen können (Senf et al., 2015, 2017b; Wapler et al., 2015). Da sich aber in kurzer Zeit ihre Eigenschaften und ihr Erscheinungsbild verändern können, sind Gewitter sehr schwer zu verfolgen. Um diesen Problemen zu entgegnen, wird mit internationalen Partnern (Meteo-France, Universität Oxford, Universität Huntsville, Alabama) u.a. an Methoden zur Wolkenerkennung und -verfolgung gearbeitet.
Abb.2: Gezeigt ist eine 75-minütige Sequenz einer Gewitterentwicklung. Radar- und Satellitendaten mit einer zeitlichen Frequenz von fünf Minuten wurden miteinander kombiniert. Die schnellwachsenden Quellwolken bilden Starkniederschlag und rasant wachsende Eisschirme (aus Senf et al., 2017a).
Tropische Konvektion
Die tropischen Breiten, geheizt durch die Einstrahlung der hoch stehenden Sonne, bilden eine besonders wetter-aktive Region. In einem relativ schmalen Band, welches die gesamte Erde umspannt, steigen gigantische Quellwolken-Türme auf, vereinigen sich zu riesigen Wolkenclustern und bringen große Mengen Niederschlag. Mechanismen, die zur beobachteten räumlichen Anordnung von tropischen Wolken und deren Organisation führen, sind Gegenstand aktueller Forschung und werden am TROPOS mit Hilfe von Satellitenbeobachtungen und numerischen Simulationsdaten untersucht.
Im tropischen Atlantik kommt eine weitere spannende Komponente ins Spiel: Wüstenstaub, der von den Quellregionen in der Sahara über den Ozean transportiert wird, kann mit den tropischen Wolkensystemen in Wechselwirkung treten (siehe Abb. 3). Die staubige Luft kann die Vereisung innerhalb der Quellwolken begünstigen, da Staubpartikel als Eiskeime fungieren. Die Wüstenluft ist aber auch heiß und trocken, so dass möglicherweise auch negative Effekte eintreten und Wolken beim Wachstum behindert werden oder ganz verschwinden. Dieses Wechselspiel wird am TROPOS ebenfalls mit Hilfe der Kombination von Satellitenbeobachtungen und numerischen Simulationsdaten erforscht.
Abb.3: Eine Staubfahne breitet sich von der Sahara über den Atlantik aus (aus ECMWF MACC- Simulationen). Dort tritt die staubige Luft in Wechselwirkung mit mariner, hochreichender Quellbewölkung, gezeigt durch kalte Wolkenbereiche aus Meteosat-Beobachtungen (aus Lemme, 2018).
Bewertung von Wolkensimulationen
Wettersituationen, in denen Quellwolken zu Gewittern heranwachsen, stellen eine ganz besondere Herausforderung für die numerische Wettervorhersage dar. Die Auswirkungen, wie Hagel oder Starkregen sind oft nur von kurzer Dauer und räumlich begrenzt, so dass kleine Fehler bei Vorhersagen des Gewitterbeginns oder der Lage besonders ins Gewicht fallen. Um die Qualität aktueller und zukünftiger Gewittervorhersagen besser zu verstehen, wird am TROPOS zu Methoden für die Bewertung von numerischen Wettersimulationen geforscht. Ein modernes Verfahren stellt die objektbasierte Analyse dar: Mit ihrer Hilfe werden Beobachtungen der geostationären Meteosat-Satelliten zu Gewitterzellen zusammengefasst und deren beobachtete Eigenschaften mit deren simulierten Pendants verglichen (siehe Abb. 4 und Rempel et al., 2017, Senf et al., 2017a).
Abb.4: Als Beispiel ist eine Gewittersituation über Deutschland mit Hilfe von beobachteten Infrarot-Temperaturen (Meteosat-SEVIRI) gezeigt. Objektbasierte Methoden wurden verwendet, um Gewitterzellen und deren Eigenschaften abzuleiten. (aus Rempel et al., 2017)
Quellwolken bereiten auch den Klimaforschern Kopfzerbrechen. In herkömmlichen Klimaprognosen ist typischerweise die Gittermaschenweite so groß, dass selbst die gigantischen Wolkentürme in den Tropen nicht explizit dargestellt werden können. Aktuelle Forschungsarbeiten testen nun eine neue Generation von Klimamodellen mit sehr fein-gewählter Maschenweite. Moderne, objektbasierte Methoden zur Modellbewertung werden auch für diese Aufgabenstellung weiterentwickelt und auf Simulationen und Satellitenbeobachtungen tropischer Quellbewölkung angewendet (siehe z.B. Senf et al., 2018).
Des Weiteren ist es wichtig, den Strahlungseffekt von flachen Wochenfeldern und deren Darstellung in Modellsimulationen besser zu verstehen. Da konvektive Wolken in atmosphärischen Modellen üblicherweise parametrisiert werden müssen, sind Beobachtungsdaten notwendig, um deren Variabilität sowie Modellunsicherheiten zu quantifizieren. Am TROPOS wird dies mithilfe von Meteosat-Beobachtungen sowie hochaufgelösten Modellergebnissen von ICON-LEM umgesetzt. Verschiedene Metriken werden entwickelt, um Unsicherheiten in Modell- und Satellitendaten zu quantifizieren. Bei einigen dieser Ansätze ist aber besondere Vorsicht geboten: Viele Größen, wie zum Beispiel die raumzeitlichen Skalen der Wolkenfelder, hängen sensitiv von der räumlichen Auflösung der Beobachtungen und Simulationen ab. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass selbst Simulationen mit einer Maschenweite von 156 m, die Größe von kleinen konvektiven Wolken überschätzen und noch bessere räumliche Auflösung notwendig werden, um Wolkeneffekte unterhalb der 1 km Skala auflösen zu können (Bley et al., 2017, Heinze et a.l, 2017).
Referenzen
Bley, S., Deneke, H. and Senf, F. (2016): Meteosat-Based Characterization of the Spatio-Temporal Evolution of Warm Convective Cloud Fields over Central Europe, J. Appl. Meteor. Climatol., 55, 2181-2195.
Bley, S., H. Deneke, F. Senf, and L. Schenk (2017), Metrics for the evaluation of warm convective cloud fields in a large eddy simulation with Meteosat images, Quart. J. Roy. Meteor. Soc., 143(705), 2050–2060.
Heinze, R., and Coauthors, (2017): Large-eddy simulations over Germany using ICON: A comprehensive evaluation. Quart. J. Roy. Meteor. Soc., 143, 69–100.
Lemme (2018), Der Vergleich von beobachteten und simulierten Wolkeneigenschaften tropischer Konvektion über dem Atlantik unter Einfluss von Saharaluft, Masterarbeit an der Universität Leipzig
Rempel, M., F. Senf, and H. Deneke (2017), Object-based metrics for forecast verification of convective development with geostationary satellite data, Mon. Wea. Rev., 145(8), 3161–3178.
Senf, F. and Deneke, H. (2017a): Uncertainties in synthetic Meteosat SEVIRI infrared brightness temperatures in the presence of cirrus clouds and implications for evaluation of cloud microphysics, Atmos.Res., 183, 113-129.
Senf, F. and Deneke, H., (2017b): Satellite-based characterization of convective growth and glaciation properties in relation to precipitation formation over Central Europe. J. Appl. Meteor. Climatol., 56, 1827–1845.
Senf, F., Dietzsch, F., Hünerbein A. and Deneke, H., (2015): Characterization of initiation and growth of selected severe convective storms over Central Europe with MSG-SEVIRI. J. Appl. Meteor. Climatol., 54, p. 207-224.
Senf, F., D. Klocke, and M. Brueck (2018), Size-Resolved Evaluation of Simulated Deep Tropical Convection, Mon. Wea. Rev., 146(7), 2161–2182.
Wapler, K., Harnisch, F., Pardowitz, T. and Senf, F., (2015): Characterisation and predictability of a strong and a weak forcing severe convective event - a multi-data approach. Meteor. Z., 24, 393-410.