Die heterogene Eisnukleation ist ein wichtiger Prozess damit sich Eiskristalle in der Atmosphäre bilden können und sie hat dadurch einen großen Einfluss auf das Wetter und Klima. Das Ziel ist, die zugrunde liegenden (physikalischen und chemischen) Prozesse zu verstehen und zu quantifizieren. Auf dieser Basis sollen Modellbeschreibungen abgeleitet werden, die in Wetter- und Klimamodellen verwendet werden können.
Über mehrere Jahrzehnte hinweg gab es widersprüchliche Aussagen darüber, ob die heterogene Eisbildung:
ein stochastischer Prozess ist (analog zur homogenen Eisbildung), d.h., die Nukleationszeit eine wichtige Rolle spielt (Abb. 1a) oder
ein singulärer Prozess ist, wobei die Eisnukleation auf so genannten ''active sites'' bei deterministischen Temperaturen stattfindet und damit unabhängig von der Nukleationszeit ist (Abb. 1b).
Um diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, entwickelten wir ein konzeptionelles Modell – das Soccer ball model – welches das Nukleationsvermögen einer idealisierten eisbildenden Partikelpopulation beschreibt. Das Modell berücksichtigt mehrere Nukleationsstellen auf den einzelnen Partikeln, die durch unterschiedliche Nukleationsraten (Kontaktwinkel) gekennzeichnet sind. Das bedeutet, dass die heterogene Eisnukleation als stochastischer Prozess angesehen wird. Die Nukleationseigenschaften können von Partikel zu Partikel sowie auf den Partikeloberflächen selbst variieren. Jedoch existiert die Wahrscheinlichkeit, dass die Partikel über ähnliche Eigenschaften, d.h. Kontaktwinkel verfügen.
Dazu betrachten wir eine Partikelpopulation bestehend aus gleichgroßen, sphärischen Eiskeimen (IN), wobei jeder IN sich in einem Wassertropfen befindet. Jede Partikeloberfläche wird in eine gewisse Anzahl von Nukleationstellen nsite unterteilt wobei jede Stelle durch einen bestimmten Kontaktwinkel charakterisiert ist. Die Kontaktwinkel entstammen dabei einer gaußschen Normalverteilung p(θ), die durch Mittelwert μ und Standardabweichung σ bestimmt ist. Mit Hilfe der klassischen Nukleationstheorie wird nun die Gefrierwahrscheinlichkeit eines jeden unterkühlten Tropfens berechnet unter der Annahme, dass die Nukleationswahrscheinlichkeiten der individuellen Nukleationsstellen und Partikel unabhängig voneinander sind.
Abbildung 2 zeigt nun den Übergang von einem stochastischen zu einem scheinbar singulären Verhalten des heterogenen Eisbildungsprozesses für eine feste Temperatur. Die Ursache für diesen Übergang liegt in der Verbreiterung der Kontaktwinkelverteilung und damit der Verbreiterung der Gefrierwahrscheinlichkeiten der unterkühlten Tropfen. Das bedeutet, dass die Entstehung des singulären bzw. fast singulären Verhaltens ohne das Wirken der ''active sites'' (welche bei deterministischen Temperaturen die Eisnukleation hervorrufen) erklärt werden kann.
Eine vereinfachte und weniger rechenintensive Version des Soccer ball models wird in Niedermeier et al. (2014) vorgestellt, wo auch seine Anwendbarkeit durch Einbau in ein "Parcel Model" gezeigt wird.
Niedermeier, D., Shaw, R. A., Hartmann, S., Wex, H., Clauss, T., Voigtländer, J., and Stratmann, F.: Heterogeneous ice nucleation: exploring the transition from stochastic to singular freezing behavior, Atmos. Chem. Phys., 11, 8767-8775, doi:10.5194/acp-11-8767-2011, 2011.
Niedermeier, D., B. Ervens, T. Clauss, J. Voigtländer, H. Wex, S. Hartmann, and F. Stratmann: A computationally efficient description of heterogeneous freezing: A simplified version of the Soccer ball model, Geophys. Res. Lett., 41, doi:10.1002/2013GL058684, 2014.