Darstellung der heterogenen Eisbildungsprozesse, die zwischen -40°C und 0°C stattfinden können. Kontaktgefrieren und Immersionsgefrieren benötigen vor dem Gefrierprozess das Vorhandensein der Flüssigphase. Dadurch sind Mischphasenwolken bevorzugte Ziele zur Untersuchung dieser beiden Gefrierprozesse.
Beobachtung temperatur- und aerosoltypabhängiger Eisbildung in der Atmosphäre
Motivation
Aerosolpartikel beeinflussen indirekt den Strahlungshaushalt der Erde da sie die mikrophysikalischen Eigenschaften von Wolken verändern können, sowie deren Lebenszeit [Lohmann and Feichter, 2005]. Die heterogene Eisbildung stellt eine Form der Aerosol-Wolken-Wechselwirkung dar und ist ein Prozess der bisher unzureichend verstanden wird [Cantrell and Heymsfield, 2005].
Bei Temperaturen von unter -38°C findet die homogene Eisbildung statt. Hierbei kommt es zur spontanen Eisbildung in unterkühlten Wassertropfen bei hoher Übersättigung ohne Anwesenheit von Eisnukleationskeimen [Heymseld and Sabin, 1989; Koop et al., 2000; Ansmann et al., 2009]. Bereits bei Temperaturen unter 0°C kann es zur Eisbildung kommen, wenn Aerosolpartikel vorhanden sind, die als Eisnukleationskeime wirken können. Eisnukleationskeime bieten eine präkristalline Struktur für die Aggregation von einzelnen Wassermolekülen und somit zur Eisbildung [Lundheim, 2002]. Die Bildung von Eiskristallen findet in unterkühlten Flüssigwasserwolken an der Wolkenoberkante statt, am Ort der geringsten Temperatur und der höchsten Wasserdampfübersättigung. Sobald sich die Eiskristalle gebildet haben, wachsen sie schnell an, beginnen zu sedimentieren und werden sichtbar als Fallstreifen an der Wolkenunterkante [Song and Lamb, 1994]. Um den ganzen Prozess der atmosphärischen heterogenen Eisbildung zu untersuchen und mögliche Effekte von sekundärer Eisbildung durch bereits vorhandene Eiskristalle zu berücksichtigen, ist es zwingend nötig die gesamte Wolke zu beobachten. In der Fernerkundung hat die Anwendung von bodengebundenen Polarisationslidargeräten den Vorteil, dass der Aggregatzustand der gesamten Wolke bis zur Wolkenoberkante und gleichzeitig Fallstreifen beobachtet werden können.
Am TROPOS werden bodengebundene Polarisationslidarmessungen in sehr unterschiedlichen Regionen der Welt verwendet um die heterogene Eisbildung in Abhängigkeit der vorherrschenden atmosphärischen Aerosolbedingungen zu untersuchen und somit die Wirkung von bestimmten Aerosoltypen auf die heterogene Eisbildung.
Ansatz
Zur Bestimmung der Verteilung der Phasenzustände in einer Wolke wird die von den Hydrometeoren erzeugte Depolarization von Licht untersucht.
Dieser Ansatz basiert auf der Polarisationslidar-Technik. Jede beobachtete Wolke wird als reine Flüssigwasserwolke oder als Eis-beinhaltende Wolke klassifiziert. Zusätzlich werden die Wolkenober- und unterkante, sowie ihre horizontale (zeitliche) Länge abgespeichert und später mit meteorologischen Parametern (Temperature, relative Feuchte, usw.) verknüpft. Zusätzlich liefern die Lidarmessungen Informationen zur vertikalen Verteilung der Aerosolpartikel.
Ergebnisse
Die Arbeitsgruppe Bodengebundene Fernerkundung hat bereits eine Reihe von Untersuchungen zum Einfluss von Wüstenstaub und tropischen Aerosolpartikeln auf die heterogene Eisbildung durchgeführt [Ansmann et al., 2008, 2009; Seifert et al., 2010]. Zusätzlich konnte zum ersten Mal der Einfluss von Vulkanasche auf die Eisbildung mithilfe eine Lidargerätes untersucht werden während des Ausbruchs des Eyjallafyöjükoll [Seifert et al., 2011].
Zusätzlich zur bestehende Langzeit-Datenbank zur Bewölkung über dem TROPOS, Leipzig, wurden drei weitere Lidardatensätze von Messkampagnen in Punta Arenas (53°S), Chile, Stellenbosch (34°S, nahe Kapstadt), Südafrika und an Bord des Forschungsschiffs Polarstern analysiert. Durch den Vergleich dieser Messungen mit der Langzeitstudie an unserem Institut in Leipzig (51° N) konnte die heterogene Eisbildung für sehr verschiedene Aerosolbedingungen in der nördlichen und südlichen Hemisphäre untersucht werden. Dabei wurden große Unterschiede in der Temperaturabhängigkeit der Eisbildung gefunden. Weniger als 20%, 30-40% und 70% der beobachteten Wolken über Punta Arenas, Stellenbosch und Leipzig wurden als eisbeinhaltende Wolken charakterisiert bei einer Wolkenoberkantentemperatur von -15- - 20°C. Dieser starke Kontrast gibt einen deutlichen Hinweis auf den Unterschied der Aerosolbedingungen in der freien Troposphäre, die in den nördlichen Breiten beeinflusst werden von anthropogener Verschmutzung, Wüstenstaub, Waldbränden und biogenes Aerosol, während die Aerosolbedingungen in den südlichen Breiten durch saubere maritime Luft geprägt ist.
Anteil Eis-enthaltender Wolken als Funktion der Temperatur (in Intervallen von 5 K) für die Orte Punta Arenas (schwarz, Dezember 2010 – Januar 2011), FS Polarstern (grün), Stellenbosch (orange), Leipzig (rot), and Kapverde (blau).
Die Fehlerbalken liefern Information zu statischtischen Unsicherheit. Die zu jedem Temperaturinterval gehörende Anzahl an beobachteten Wolken sind am Oberrand der Grafik gegeben.
Ausblick
Der weltweite Datensatz des PollyNet wird stetig weiter ausgewertet. Dabei stehen aktuell die Messungen im Amazonasgebiet und in Peking, China im Fokus. Diese Messreihen würden es ermöglichen die heterogene Eisbildung in einem natürlichen und stark anthropogen beeinflussten Gebiet der Erde zu vergleichen. Des Weiteren ist TROPOS im EU-Projekt BACCHUS involviert um die heterogene Eisbildung durch biologische Aerosolpartikel zu untersuchen.
Weiterführende Literatur
Ansmann, A., M. Tesche, P. Seifert, D. Althausen, R. Engelmann, J. Fruntke, U. Wandinger, I. Mattis, and D. Müller (2009), Evolution of the ice phase in tropical altocumulus: SAMUM lidar observations over Cape Verde, Journal of Geophysical Research, 114, D17208, doi:10.1029/2008JD011659.
Ansmann, A., M. Tesche, D. Althausen, D. Müller, P. Seifert, V. Freudenthaler, B. Heese, M. Wiegner, G. Pisani, P. Knippertz, and O. Dubovik (2008), Influence of Saharan dust on cloud glaciation in southern Morocco during the Saharan Mineral Dust Experiment, Journal of Geophysical Research, 113, 4210, doi:10.1029/2007JD008785.
Cantrell, W., and A. Heymsfield (2005), Production of ice in tropospheric clouds: A review, Bulletin of the American Meteorological Society, 86, 795-807, doi:10.1175/BAMS-86-6-795.
Kanitz, T., P. Seifert, A. Ansmann, R. Engelmann, D. Althausen, C. Casiccia, and E. G. Rohwer (2011), Contrasting the impact of aerosols at northern and southern midlatitudes on heterogeneous ice formation, Geophysical Research Letters, 38, L17802, doi:10.1029/2011GL048532.
Lohmann, U., and J. Feichter (2005), Global indirect aerosol effects: A review, Atmospheric Chemistry and Physics, 5, 715-737, doi:10.5194/acp-5-715-2005.
Lundheim, R. (2002), Physiological and ecological significance of biological ice nucleators, Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B: Biological Sciences, 357, 937-943, doi:10.1098/rstb.2002.1082.
Sassen, K. (2005), Meteorology: Dusty ice clouds over Alaska, Nature, 434, 456, doi:10.1038/434456a.
Seifert, P., A. Ansmann, I. Mattis, U. Wandinger, M. Tesche, R. Engelmann, D. Müller, C. Perez, and K. Haustein (2010), Saharan dust and heterogeneous ice formation: Eleven years of cloud observations at a central European EARLINET site, Journal of Geophysical Research, 115, D20201, doi:10.1029/2009JD013222.
Seifert, P., A. Ansmann, S. Gross, V. Freudenthaler, B. Heinold, A. Hiebsch, J. Schmidt, F. Schnell, M. Tesche, U. Wandinger, I. Mattis, and M. Wiegner (2011), Ice formation in ash-influenced clouds after the eruption of the Eyjafjallajökull volcano in April 2010, Journal of Geophysical Research, 116, D00U04, doi:10.1029/2011JD015702.
Song, N., and D. Lamb (1994), Experimental investigations of ice in supercooled clouds. Part 1: System description and growth of ice by vapor deposition, Journal of the Atmospheric Sciences, 51, 91-103, doi:10.1175/1520-0469(1994)051h0091:EIOIISi2.0.CO;2.
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Dr. Patric Seifert
Mitarbeitende (wiss.)