LfULG-Projekt „Meteorologische Einflüsse auf Stickstoffdioxid“ - Hintergrundinformationen:
Der Einfluss des Wetters machte es bisher schwer, die Wirksamkeit von Verkehrsmaßnahmen auf die Reduzierung der Belastung mit dem Luftschadstoff Stickstoffdioxid zu beurteilen. Das liegt vor allem an dessen Entstehung: Stickoxide (NOx) entstehen vor allem bei Verbrennungsprozessen. In Ballungsgebieten gilt der Straßenverkehr als bedeutendste Quelle, wobei der größte Anteil dabei aus Dieselmotoren stammt. Diese emittieren Stickstoffdioxid und v.a. Stickstoffmonoxid (NO), welches über komplexe photochemische Prozesse in der Atmosphäre zu NO2 umgewandelt wird: Hohe Sonneneinstrahlung kann daher zu hohen NO2- und Ozonwerten (O3) besonders in städtischen Gebieten führen. Ebenfalls im Sommer können hohe Temperaturen vor allem in ländlichen Gebieten zu hohen Konzentrationen an biogenen flüchtigen organischen Verbindungen (BVOC) und damit zu einer erhöhten Umwandlung des NO zu NO2 führen. Wie stark sich die Konzentrationen von Spurengasen in der Luft über dem Boden anreichern, hängt allerdings auch vom Wetter ab: Dass windschwache Wetterlagen für hohe Schadstoffkonzentrationen sorgen können, ist lange bekannt. Vor allem bei Inversionswetterlagen im Winter kommen zwei ungünstige Faktoren zusammen: Wegen der Kälte wird viel geheizt und die hohen Immissionen reichern sich in einem kleinen Luftvolumen an. Hohe Schadstoffkonzentrationen sind dann die Folge. Vor allem Tallagen wirken dann sozusagen wie ein Topf, auf dem mit der Inversionsschicht in der Atmosphäre ein Deckel gestülpt wurde.
Die Konzentrationen von Stickstoffdioxid (NO2) in Sachsen sind seit 2000 im Mittel zurückgegangen. Bis 2018 wurden jedoch noch Überschreitungen des NO2-Jahresgrenzwertes von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen. Im Oktober 2019 war beispielsweise die Stadt Leipzig gezwungen, Sofortmaßnahmen aus dem Luftreinhalteplan umzusetzen und den Verkehrsfluss auf mehreren Einfallsstraßen zu drosseln, weil die Modellierung zu hohe NO2-Werte in diesen Straßen vermuten hatte lassen.
Die angewandte Methode beruht auf sogenannten „verstärkten Regressionsbäumen“. „Das sind Entscheidungsbäume, mit denen ein mathematischer Algorithmus so ‚trainiert‘ wird, dass er anhand der Daten selbständig entscheiden kann, ob ein Faktor Einfluss auf die Schadstoffkonzentration hat und wenn ja, wie hoch dieser Einfluss ist. Ein Entscheidungsbaum besteht aus einer Abfolge von „wenn-dann“-Entscheidungen, die in ihrer Struktur einem Baum ähnelt, der sich ausgehend von der Wurzel immer weiter verzweigt, bis am Ende die „Blätter“ erreicht sind, wie die finalen Punkte eines Entscheidungsbaumes auch genannt werden“, erklärt Dr. Dominik van Pinxteren vom TROPOS, der die Methode für Sachsen anwendbar gemacht hat. „Ein Nachteil eines einzelnen Regressionsbaumes ist seine in der Regel nur mäßig gute Vorhersagegüte. Um diese zu verbessern, werden in modernen Anwendungen daher aus vielen Bäumen bestehende Ensembles berechnet. Die Vorhersage wird sozusagen aus dem gesamten „Wald“ gemittelt. So wird ein „schwacher Lerner“ (einzelner Baum mit begrenzter Tiefe) schrittweise zu einem „starken Lerner“ aufgebaut bzw. verstärkt, was im Ergebnis zu leistungsstarken Modellen führt, die in Bereichen des maschinellen Lernens weite Verbreitung gefunden haben.“
Detaillierte Ergebnisse:
Statistisch konnte das Team um Dominik van Pinxteren berechnen, dass z.B. an der Messstation Dresden-Bergstraße die Stickstoffdioxid-Konzentration durch Wind deutlich abnimmt: von Windstille bis 1 m/s Windgeschwindigkeit um 25 Mikrogramm pro Kubikmeter und zwischen einem und drei Meter pro Sekunde um weitere 10 Mikrogramm pro Kubikmeter. Ebenfalls um 10 µg/m3 nimmt NO2 ab, wenn sich die Mischungsschichthöhe von sehr bodennah auf eine mittlere Höhe von 500 m erhöht.