Melpitz Winter 2019 probt für Arktis Sommer 2020
Von Mitte Januar bis Mitte Februar läuft an der TROPOS-Station Melpitz bei Torgau eine Feldkampagne, die zur Vorbereitung auf die MOSAiC-Expedition dient. Ab Herbst 2019 wird der deutsche Forschungseisbrecher Polarstern ein Jahr lang unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) durch die Arktis driften. Versorgt von weiteren Eisbrechern und Flugzeugen werden insgesamt 600 Menschen aus 17 Ländern an der MOSAiC-Expedition teilnehmen. Von der Expedition erhofft sich die Wissenschaft neue Erkenntnisse über den Klimawandel rund um den Nordpol. Aus der Region fehlen vor allem im Polarwinter Daten da sich zu dieser Jahreszeit dort bisher kaum Forschende aufgehalten haben.
TROPOS wird sich dabei federführend an zwei zentralen Messungen beteiligen: Zum einen wird ein Fernerkundungscontainer für die gesamte Eisdrift kontinuierlich die vertikale Aerosol- und Wolkenverteilung mittels Lidar, Radar und Mikrowellenradiometern erkunden. Zum anderen wird ein 90 Kubikmeter großer Fesselballon auf dem vierten von sechs Fahrtabschnitten für zwei Monate im Sommer 2020 mehrere Messsysteme bis in 1500 m Höhe bringen, um die bodennahen arktischen Luftschichten möglichst genau auszumessen. Damit dort alles reibungslos abläuft, trainiert das Leipziger Team jetzt im Winter in Melpitz den Auf- und Abbau des Fesselballons samt der daran angehängten Messtechnik. Getestet werden unter anderem Turbulenz-, Aerosol- und Strahlungsmessgeräte, die im parallelen Einsatz in verschiedenen Kombinationen auf dem großen Fesselballon zum Einsatz kommen. An den Tests ist neben dem TROPOS auch das Institut für Meteorologie der Universität Leipzig beteiligt, das die Strahlungsmessungen auch auf dem 5. Fahrtabschnitt von MOSAiC mit einem kleineren Ballon weiterführen wird.
Die Tests bei Winterwetter geben nicht nur wichtige Erkenntnisse, ob die Technik robust genug für den Einsatz in der Arktis ist. Sie werden auch helfen, die Messdaten vom Ballon in die umfangreichen Gesamtmessungen einzubetten. Dazu werden die Daten vom Ballon mit den stationären Messgeräten am Boden und mit Fernerkundungsdaten kombiniert. In Melpitz untersucht das TROPOS bereits seit über 25 Jahren die Atmosphäre, was eine große Hilfe ist, um die Qualität der Ballon-Daten zu beurteilen. Konkret geht es beispielsweise um Fragen wie: Sind bodennahe in-situ-Aerosolmessungen repräsentativ für die atmosphärische Grenzschicht? Wie genau lässt sich die charakteristischen Vertikalverteilungen des Aerosols bestimmen? Korreliert die dynamischen Grenzschichtstruktur mit Vertikalprofilen des Aerosols bei Konzentration, Masse und chemischer Zusammensetzung, sowie den Strahlungsprofilen? Wie wichtig ist dazu der Vergleich mit Fernerkundungsdaten der Aerosolprofile?
Die MOSAiC-Expedition wird so nicht nur neue Erkenntnisse über Ruß und Luftverschmutzung in der Arktis geben, sondern auch über die Rolle der Partikel und der Wolken bei der Klimaerwärmung rund um den Nordpol. Seit 2016 untersucht der Sonderforschungsbereich TR 172 "Arktische Verstärkung" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), weshalb sich die Arktis deutlich stärker erwärmt als der Rest der Erde und wie stark Klimaveränderungen in der Arktis auch das Wetter in Europa beeinflussen. Zu dem Forschungsverbund gehören neben der Universität Leipzig auch die Universitäten in Bremen und Köln sowie das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig.
Geräte:
Neben der Messung von meteorologischen Standardparametern wie Druck, Temperatur, Feuchte und Wind welche auch zum sicheren Betrieb des Ballons notwendig sind stehen zwei verschiedene Nutzlasten für Turbulenz zur Verfügung. Mit diesen Systemen werden kleinste Wind- und Temperaturänderungen gemessen, welche wichtig für den vertikalen Austausch und die Durchmischung der Atmosphäre sind.
Mit einer neuentwickelten Box, die verschiedene Messgeräte enthält können, Daten zur Verschmutzung der Arktis mit Aerosolpartikeln gewonnen werden. Dazu zählen zwei Partikelzähler, die kleinste Partikel mit 10 Nanometern Durchmesser detektieren können und mit deren Hilfe herausgefunden werden soll, wo sich in der Arktis diese kleinen Partikel aus Gasen bilden. Ein weiteres Geräte misst die Größenverteilung größerer Partikel, aus der der dann auch die Gesamtmasse an Feinstaub berechnet werden kann. Weiterhin wird die Konzentration von Rußpartikeln gemessen, um Rückschlüsse auf deren Transportwege zu schließen und ihren Einfluss auf das arktische Klima besser zu verstehen.
Zwei neu entwickelte Wolkenwasser- und Filtersammler werden im Rahmen dieser Kampagne zum ersten mal am Ballon getestet. Diese Wasserproben und Filter werden dann später im Labor mit hochgenauen Sensoren ausgewertet welche für einen Einsatz am Ballon viel zu schwer wären.
Eine Schlüsselfunktion in der arktischen Verstärkung spielen tiefliegende Wolken. Mittels der Strahlungsmessungen wollen wir die Abkühlung an der Oberkante der Wolke charakterisieren um besser zu verstehen, wie sich diese Abkühlung auf die Dynamik und somit auf die Lebensdauer der Wolke auswirkt. Weiterhin ist es mit den Messungen möglich, zu untersuchen, unter welchen Bedingungen Wolken in der Arktis eine erwärmende oder abkühlende Wirkung auf den Boden haben.
Medienbeiträge (chronologisch):
3sat-nano: Eingefroren in der Arktis
"600 Menschen, 17 Länder, ein Schiff: Ein ganzes Jahr wollen sich Forscher durchs Nordpolarmeer treiben lassen. Das Ziel: den Einfluss der Arktis auf das globale Klima verstehen." (3sat-nano über Tests in Melpitz für die Arktis-Expedition MOSAiC)
https://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=78997
BILD Leipzig: Ziel Arktis! Hier macht sich ein Polar-Ballon vom Acker
(BILD Leipzig, 15.2.19, Printausgabe)
LVZ Delitzsch-Eilenburg: Von der nordsächsischen Wiese ins arktische Eis
(Leipziger Volkszeitung Delitzsch-Eilenburg, Printausgabe, 12.02.2019, Seite Nordsachsen)
Expedition ins ewige Eis
(ARD-Mittagsmagazin, 30.01.19, 13:00 Uhr):
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/mittagsmagazin/videos/expedition-100.html
Polarstern-Expedition - Leipziger Forscher trainieren für größte Arktis-Mission aller Zeiten
(MDR-Fernsehen, 28.01.2019, 11:00/14:00/21:40 Uhr):
https://www.mdr.de/wissen/antworten/forschungsschiff-laesst-sich-im-impolareis-einfrieren-100.html
Expedition MOSAiC - Forschungsschiff lässt sich im Polareis einfrieren
(MDR-Aktuell (Radio), 24.01.19, 6:53/7:53/8:53 Uhr)
https://www.mdr.de/mediathek/infothek/audio-945040.html