Weshalb die Ausbreitung von Vulkanaschewolken schwer vorhersagbar ist.

Leipzig, 30.05.2011

Informationen vom Ausbruchsort entscheiden über die Qualität der Vorhersagemodelle

Leipzig. In welche Höhe ein Vulkan seine Asche schleudert sowie welche Partikelgrößen und -konzentrationen am Ausbruchsort vorkommen ist mitentscheidend für die Qualität der Ausbreitungsprognose. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des Leibniz-Institutes für Troposphärenforschung (IfT), der Universität Leeds und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) anhand einer Simulation der Ausbreitung der Asche des 2010 ausgebrochenen isländischen Vulkans Eyjafjallajökull. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten die Modelle in Zukunft verbessern und damit auch die Genauigkeit der Vorhersage der Aschekonzentration bei künftigen Ausbrüchen, schreiben die Forscher in der Online-Ausgabe des Fachblatts Atmospheric Environment. In ihrer Untersuchung hatten sie den Transport der Aschewolke simuliert und mit verschiedensten Messwerten verglichen.

 

Nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökulls im April/Mai 2010 hatten die Behörden sicherheitshalber große Teile des europäischen Luftraumes gesperrt, was in der ersten Woche zu mehr als 100.000 ersatzlos gestrichenen Flügen geführt hatte. Das entstandene Verkehrschaos hatte heftige Kritik bei Fluggesellschaften und Passagieren ausgelöst, da sich die Behörden dabei lediglich auf Ausbreitungsmodelle gestützt hatten. Auch beim Ausbruch des isländischen Vulkans Grimsvötn im Mai 2011 gab es kurzzeitige Sperrungen des Luftraumes, die sich auf die Modelle des Volcanic Ash Advisory Centre (VAAC) in London stützten. Die Qualität solcher Ausbreitungsmodelle ist daher von großer Bedeutung für den Luftverkehr.

 

Im Gegensatz zu Sandstaub kann die Vulkanasche in den Triebwerke moderner Flugzeuge schmelzen und diese dabei ernsthaft beschädigen. Aus Sicherheitsgründen wurden daher Grenzwerte für die Konzentration der Asche festgelegt: Bei Konzentrationen unter 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wird davon ausgegangen, dass kein Risiko für den Flugverkehr besteht. Ab Konzentrationen von 2000 Mikrogramm pro Kubikmeter ist der Flugverkehr dagegen verboten. Ausbreitungsmodelle müssen daher nicht nur den Weg und die Geschwindigkeit der Aschewolke vorhersagen, sondern auch die Konzentration der Aschepartikel.

 

Die Forscher hatten in ihrer jetzt publizierten Studie die Ascheausbreitung für die Tage zwischen dem 14. und 18. April 2010 simuliert. Als Eingabedaten dienten unter anderem Satellitendaten zur Bestimmung der Höhe der Vulkanaschewolke sowie Ergebnisse von Flugzeugmessungen des DLR zur Größenverteilung der Aschepartikel. Die Modellergebnisse wurden mit verschiedensten Messwerten aus Europa verglichen. Darunter befanden sich auch Messwerte des Leipziger Lidars am IfT, das mit Hilfe eines Laserstrahls die Aschewolke über Leipzig untersuchen konnte. „Für den Vergleich zwischen Realität und Modell haben wir eine Simulation des bei uns entwickelten Aerosoltransportmodell COSMO-MUSCAT genutzt“, berichtet Dr. Ina Tegen vom IfT. „Dabei zeigte sich, dass die zeitliche und räumliche Ausbreitung in den Modellen gut funktioniert, aber die Prognosen über die Konzentration der Aschepartikel noch ungenau sind.“ Aus Sicht der Wissenschaftler liegt das vor allem an den Eingangsdaten. Sind die Aussagen über die Höhe des Vulkanausbruchs oder die Partikelkonzentrationen am Ausbruchsort nicht ausreichend bekannt, dann setzen sich diese Fehler in der Prognose fort und können zu ungenauen Beurteilungen über die Sicherheit der Flugzeuge in der Luft führen. Da sich die Asche in verschiedenen Luftschichten je nach Höhe unterschiedlich ausbreiten kann, werden Informationen gebraucht, in welche Höhen der Vulkan welche Aschemengen schleudert. Für die Troposphärenforscher war der Ausbruch des Eyjafjallajökulls eine Gelegenheit, das Wissen über die Ausbreitung von Staubpartikeln in der Atmosphäre zu verbessern, denn diese winzigen Partikel sind nicht nur von Bedeutung für das Klima, sondern können auch vielfältige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben.

Tilo Arnhold

 

Publikationen:

Heinold, B., Tegen, I., Wolke, R., Ansmann, A., Mattis, I., Minikin, A., Schumann, U., Weinzierl, B.: Simulations of the 2010 Eyjafjallajökull volcanic ash dispersal over Europe using COSMO-MUSCAT, Atmospheric Environment (2011). http://dx.doi.org/10.1016/j.atmosenv.2011.05.021

Ansmann, A., Tesche, M., Seifert, P., Groß, S., Freudenthaler, V., Apituley, A., Wilson, K.M., Serikov, I., Linné, H., Heinold, B., Hiebsch, A., Schnell, F., Schmidt, J., Mattis, I., Wandinger, U., Wiegner, M., 2011. Ash and fine-mode particle mass profiles from EARLINET-AERONET observations over central Europe after the eruptions of the Eyjafjallajokull volcano in 2010. Journal of Geophysical Research, in press. http://dx.doi.org/10.1029/2010JD015567

Dacre, H., A. Ansmann, I. Mattis, L. Clarisse, A. L.M. Grant, R. Hogan, S.E. Belcher, D. Thomson, B. Devenish, F. Marenco, M. Hort, and J. Haywood (2011): Evaluating the structure and magnitude of the ash plume during the initial phase of the 2010 Eyjafjallajokull eruption using lidar observations and NAME simulations. J. Geophys. Res., in press. http://dx.doi.org/10.1029/2011JD015608

 

Links:

Lidar-Messstation Leipzig des IfT: http://polly.tropos.de/martha/quicklook.php

Lidar-Messnetz “Polly”: http://polly.tropos.de/lidar/index.php

EARLINET-Messnetz: http://www.earlinet.org/

Aerosoltransportmodell COSMO-MUSCAT: http://projects.tropos.de/cosmo_muscat/

Modellvorhersage der Vulkanaschekonzentration des VAAC London: http://www.metoffice.gov.uk/volcano/public/natlantic.html

 

Weitere Infos:

Dr. Ina Tegen / Dr. Albert Ansmann / Prof. Dr. Andreas Macke

Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT) Tel. 0341-235-2149, -2149, -3210

http://www.tropos.de/ift_personal.html

 

 

Die visualisierten Messergebnisse vom LIDAR des IfT zeigen, wie am 25. Mai 2011 ab etwa 6 Uhr die Vulkanaschewolke des Grimsvötn mit einer Konzentration von ca. 30 bis 50 Mikrogramm pro Kubikmeter über Leipzig zieht (dünne orangene Schicht bei 3000 Metern Höhe). Diese Schicht sinkt im Laufe des Tages bis auf 2000 Meter herab. Gut im Bild zu sehen ist auch die planetare Grenzschicht (rote Schicht zwischen 0 und 2000m), in der sich ein vielfältiges Gemisch an natürlichen und anthropogenen Partikeln befindet, die ein starkes Rückstreusignal des Lasers erzeugen.
Grafik: Patric Seifert/IfT

Lidar-Messung vom 16. April 2010. Die Grafik zeigt deutlich wie die Aschewolke des Eyjafjallajökulls über Leipzig hinweg zieht. Zu sehen sind in rot zwei Schichten in ca. 5000 und in ca. 3000 Meter Höhe. Die unterste Schicht enthielt Vulkanasche mit einer Konzentration bis zu 800 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Zum Vergleich: Die Aschewolke des isländischen Vulkans Grimsvötn erreichte am 25. Mai 2011 lediglich 50 Mikrogramm Asche pro Kubikmeter. Für Flugverbote gilt ein Grenzwert von 2000 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Grafik: Patric Seifert/IfT