Startschuss für große Flugzeugmesskampagne im australischen Pazifik
Mainz/Leipzig, 10.01.2024
Dritter und letzter Teil der CAFE-Forschungsexpedition zur Untersuchung der Photochemie und Aerosolpartikelbildung in der tropischen Atmosphäre
Mainz/Leipzig. Im Januar und Februar wird das deutsche Forschungsflugzeugs HALO von Australien aus einen Hotspot des Klimawandels am Äquator untersuchen. Es ist der dritte Teil einer großangelegten Expeditionsreihe, die sich mit den Oxidationsprozessen in der Atmosphäre beschäftigt. CAFE steht für „Chemistry of the Atmosphere: Field Experiment“. Das nun gestartete Projekt CAFE-Pacific erhebt Daten in der tropischen Region zwischen Indonesien und Nordaustralien, wo die Konvektion, also der vertikale Transport der Luft und damit von Wolken und Wasserdampf, auf der Erde am intensivsten ist. Daran beteiligt sind auch zwei Forschende vom TROPOS und der Universität Leipzig.
Die vom Max-Planck-Institut für Chemie und der Goethe-Universität Frankfurt koordinierte CAFE-Pacific-Mission erforscht die photochemischen Prozesse und die Aerosolbildung in der tropischen Troposphäre mit dem Höhenflugzeug HALO (High Altitude - Long Range). Das Forschungsflugzeug wurde mit hochsensiblen massenspektrometrischen und optischen Instrumenten ausgestattet. Mit dabei sind Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich (FZJ), des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) sowie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das auch Betreiber des Messflugzeuges ist. Mithilfe der Messinstrumente werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die atmosphärischen Oxidationsmechanismen charakterisieren sowie die Bildung und das Wachstum von Aerosolpartikeln in der oberen Troposphäre erfassen. Dazu messen sie eine Vielzahl gasförmigen chemischen Verbindungen wie Schwefel- und Stickoxide, flüchtige organische Verbindungen (VOCs), Kohlenstoffmonoxid und Hydroxylradikale, aber auch die Anzahl, Größe und Zusammensetzung von Aerosolpartikeln.
Forschende vom TROPOS betreuen auf diesen Flügen zwei Messgeräte: Das FASD-System (Fast Aerosol Size Distribution) und das CCN-Rack enthalten einen Kondensationspartikelzähler (CPC), ein ultrahochempfindliches Aerosolspektrometer (UHSAS) und ein optisches Partikelgrößenspektrometer. Dadurch wird die Größenverteilung der Aerosol-Partikel im Bereich zwischen 2 und 5000 Nanometern erfasst und damit auch der Größenbereich, aus denen Wolken entstehen. Parallel dazu werden Wolkenkondensationskeime und Rußpartikel gemessen. „Mittels der Messdaten bekommen wir einen Einblick in die Neubildung von Partikeln, was auch für uns eine der wichtigsten Fragestellungen bei der Kampagne ist“, berichtet Prof. Mira Pöhlker vom TROPOS und der Universität Leipzig, die zuvor am Max-Planck-Institut für Chemie geforscht hat und auch bereits bei den vorigen CAFE-Expeditionen im tropischen Afrika und Brasilien dabei war. „Durch den Vergleich von drei tropischen Regionen auf sehr unterschiedlichen Kontinenten erhoffe ich mir Einblick in die verschiedenen Prozesse welche unsere Aerosole und damit auch unsere Wolken und das Klima verändern“, so Mira Pöhlker. Sie wird im Februar vor Ort in Cairns dabei sein. Ihr Mitarbeiter Konstantinos Barmpounis wird von Anfang bis Ende der Kampagne die Geräte im Flugzeug betreuen.
Insgesamt plant das Wissenschaftsteam bis Ende Februar rund 120 Flugstunden für 15 Messflüge mit Start und Landung am Flughafen in Cairns im Nordosten Australiens. Geplant sind auch Flüge in der Morgen- und Abenddämmerung und bei Nacht. Bei jedem Flug werden jeweils vier Forschende mit an Bord sein, um die 15 verschiedenen Messinstrumente zu überwachen und mit den Kollegen und Kolleginnen am Boden Kontakt zu halten. Am 28. Februar 2024 ist der Rückflug des Messflugzeugs nach Oberpfaffenhofen geplant.
Die drei CAFE-Expeditionen
CAFE-Africa, die erste der drei Forschungsexpeditionen, fand im Sommer 2018 statt. Ziel der Expedition war es, von der Kapverdischen Insel Sal aus den Einfluss der Emissionen aus Biomasseverbrennung in Afrika auf die Atmosphäre über dem tropischen und subtropischen Atlantik zu untersuchen. (Weitere Infos: https://www.mpic.de/4392502/der-globalen-luftverschmutzung-auf-der-spur?c=3477744 )
Die zweite Expedition CAFE-Brazil fand im Dezember 2022 und Januar 2023 über dem Amazonasgebiet rund um Manaus statt. Die Forschenden sammelten 60 Tage lang Daten zu den chemischen Prozessen in der weitgehend sauberen Atmosphäre über dem Amazonasregenwald in Brasilien. (Weitere Infos: https://www.mpic.de/5299687/cafe-brazil-kampagne?c=3477744 )
Das dritte und letzte Projekt der Reihe ist nun CAFE-Pacific. Es konzentriert sich auf die Region um Indonesien und Nordaustralien – also das Zentrum des indo-pazifischen Wärmebeckens. In der Region am Äquator von Madagaskar im Westen des Indischen Ozeans über Indonesien und Papua-Neuguinea bis nach Französisch-Polynesien im Pazifik liegen die Meeresoberflächentemperaturen das ganze Jahr über 28 °C. Durch den Klimawandel dehnt sich diese Region weiter aus. Aufgrund der hier herrschenden hohen Wassertemperaturen ist die hochreichende Wolken-Konvektion in dieser Region weltweit am stärksten. Dies bedeutet einen starken Wärmetransport von der Meeresoberfläche in die Tropopausenregion (ca. 12 – 16 km), so dass das indo-pazifische Wärmebecken auch als Wärmekraftmaschine der Erde bezeichnet wird. Im Gegensatz zum Amazonasgebiet, wo die Emissionen des Regenwalds die chemischen Prozesse in der Atmosphäre dominieren, erwarten die Forschenden über dem tropischen Pazifik einen dominanten Einfluss von sauberer maritimer Luft. Der Vergleich zwischen den Auswirkungen der Konvektion über dem Amazonas (grüner Ozean) und über dem indo-pazifischen Wärmebecken (blauer Ozean) wird zum besseren Verständnis der atmosphärischen Prozesse beitragen.
Ziel der CAFE-Forschungsexpeditionen
„Im Rahmen der CAFE-Missionen haben wir Daten unter unberührten Bedingungen im Amazonasgebiet gesammelt sowie in Regionen, in denen viel Biomasse verbrannt wird. Diese werden wir mit denen, die wir nun über dem Pazifik messen werden, vergleichen und kombinieren. Wir versprechen uns davon grundlegende Erkenntnisse über die natürliche troposphärische Chemie und Aerosolprozesse in terrestrischen und marinen Umgebungen in den Tropen“; erklärt Prof. Jos Lelieveld, Direktor der Abteilung Atmosphärenchemie am Max-Planck-Institut für Chemie und Koordinator der CAFE-Pacific-Forschungsreise.
Alle Messungen dienen zudem als Grundlage für Computermodelle, die chemische Prozesse und ökologische Rückkopplungsmechanismen des Erdsystems abbilden und zukünftige Entwicklungen des Klimas vorausberechnen sollen.
Allgemeine Infos:
Die Troposphäre: Die Troposphäre ist die unterste Schicht der Atmosphäre und reicht bis etwa 16 km Höhe in den Tropen und bis 8 km Höhe an den Polen. Da die Troposphäre fast das gesamte Wasser unserer Atmosphäre enthält, spielt sich hier unser tägliches Wetter mit all seinen Facetten und Wolkenformen ab. Antrieb für unser Wetter ist dabei die unterschiedlich starke Sonnenstrahlung, die den Erdboden erwärmt. Da warme Luft aufsteigt und kalte Luft absinkt, wird die Troposphäre durch verschiedene Wirbel durchmischt (Konvektion). Daher leitet sich auch ihr Name vom altgriechischen Wort "trope" (Wendung, Änderung) ab. In der Troposphäre nimmt die Temperatur mit der Höhe im Mittel mit 6,5 K/1 km ab und erreicht an ihrer Obergrenze, der Tropopause, Werte von unter -50 °C.
Über HALO
Das Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des DLR. Das DLR ist zugleich Eigner und Betreiber des Flugzeugs.
Links:
HALO-Mission CAFE-Pacific: https://halo-research.de/sience/future-missions/cafe-pacific/
CLOUD-Projekt: https://www.tropos.de/forschung/grossprojekte-infrastruktur-technologie/verbundprojekte/cloud
A warm pool in the Indo-Pacific Ocean has almost doubled in size, changing global rainfall patterns (climate.gov, 03.12.2020): https://www.climate.gov/news-features/featured-images/warm-pool-indo-pacific-ocean-has-almost-doubled-size-changing-global
Kontakt:
Prof. Dr. Jos Lelieveld,
Direktor der Abteilung Atmosphärenchemie,
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
https://www.mpic.de/3783290/profile-jos-lelieveld
und
Prof. Dr. Mira Pöhlker,
Leiterin Abteilung Atmosphärische Mikrophysik (AMP), Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) und Universität Leipzig,
Tel. +49 341 2717-7431,
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/mira-poehlker
oder
Dr. Susanne Benner,
Pressestelle,
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Telefon: 06131/305-3000
https://www.mpic.de/4461790/press
und
Tilo Arnhold,
Öffentlichkeitsarbeit,
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), Leipzig
Tel. +49-341-2717-7189
http://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/
und
Medienredaktion, Stabsstelle Universitätskommunikation, Universität Leipzig,
Tel.: +49-341-97-35025
https://www.uni-leipzig.de/universitaet/service/medien-und-kommunikation
Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 97 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.500 Personen, darunter 11.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Der Gesamtetat der Institute liegt bei 2 Milliarden Euro. Finanziert werden sie von Bund und Ländern gemeinsam. Die Grundfinanzierung des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) getragen. Das Institut wird mitfinanziert aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
http://www.leibniz-gemeinschaft.de