Leipziger Forschende auf spanischer Antarktis-Expedition

Leipzig, 31.01.2019

Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre rund um die Antarktische Halbinsel im Fokus

 

Ushuaia/Leipzig. Eine spanische Forschungsexpedition wird in den kommenden zwei Monaten den Klimawandel an der Antarktischen Halbinsel untersuchen. Mit dabei sind auch zwei Forschende vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), die den Einfluss von Zuckerverbindungen auf die Wolkenbildung über dem Ozean ergründen wollen. Im Januar ist dazu das Forschungsschiff R/V Hespérides von Ushuaia in Argentinien zur Expedition PI-ICE aufgebrochen. Nach der Expedition um die Antarktische Halbinsel folgen bis Mitte März Laborexperimente zu den Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Eis und Ozean an der spanischen Antarktisstation Juan Carlos I auf der Livingstone-Insel zwischen der Antarktis und der Südspitze Südamerikas.

 

Im Mittelpunkt der spanischen Antarktis-Expedition PI-ICE (Polar atmosphere-ice-ocean Interactions: Impact on Climate and Ecology) stehen die Auswirkungen des natürlichen marinen Aerosols auf Klima und Ökologie. Diese winzigen Partikel aus dem Ozean sind von großer Bedeutung, weil sie die Sonneneinstrahlung in der Atmosphäre und biogeochemische Kreisläufe stark beeinflussen. Trotzdem mangelt es an Daten zum Aerosol in den Polargebieten und ganz besonders in den polaren Meereiszonen, die eines der größten Ökosysteme der Welt sind – mit einer Vielzahl an Habitaten und Organismen, die unter extremen Bedingungen leben. Da der Klimawandel in den Polarregionen besonders schnell fortschreitet, ist das Verstehen dieser biogeochemischen Prozesse am Übergang Luft-Eis-Meer entscheidend, um Rückkopplungsmechanismen zu erkennen, die den Klimawandel beeinflussen.

Auf dem Forschungsschiff R/V Hespérides werden deshalb Expertinnen und Experten verschiedenster Disziplinen zusammenarbeiten. „Wir haben uns über die Einladung von Expeditionsleiter Manuel Dall’Osto vom CSIC-Institut für Meeresforschung sehr gefreut, da wir so die Gelegenheit bekommen, nach dem Arktischen Ozean auch das Südpolarmeer zu untersuchen. Der Vergleich der beiden Polarregionen könnte interessante Zusammenhänge aufdecken“, berichtet Dr. Manuela van Pinxteren vom TROPOS. Die Atmosphärenchemikerin ist Spezialistin für organische Substanzen und hat sich in den letzten Jahren auf die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre und Ozean spezialisiert. Dabei leitet sie unter anderem das Leibniz-Projekt MarParCloud, das den Prozess von der Bioproduktion im Meer über organische Aerosolpartikel hin zu maritimen Wolken untersucht. Im Fokus steht dabei der Oberflächenfilm des Meeres. „Diese hauchdünne Schicht wirkt wie ein Filter zwischen dem Wasser und der Luft. Alles, was aus der einen Welt in die andere will, muss dort hindurch. Diesen Oberflächenfilm werden wir wieder mit einer Glasplatte vom Schlauchboot oder der Eiskante aus einsammeln und einfrieren, um ihn später im Labor in Leipzig auf Substanzen aus dem Meer und der Luft untersuchen zu können“, so van Pinxteren. Daher nimmt ihr Team gleichzeitig auch Luft- und Wasserproben, um den Weg der Substanzen zu entschlüsseln.

Im Fokus stehen dabei besonders sogenannte Polysaccharide, also Vielfachzucker, die vom Plankton im Meerwasser gebildet werden, in die Luft gelangen und dort dann zu Partikeln werden, an denen Wasser kondensiert oder zu Eis gefriert. Auf diese Weise bilden sich Wolken. Die Bildung und das Rückstrahlungsvermögen der Wolken hat dann Konsequenzen auf die Energiebilanz der Atmosphäre und das Schmelzen des Eises, was wiederum das Plankton im Meer beeinflusst. Diese sehr komplexen Rückkopplungsprozesse zwischen Biosphäre und Klima werden auch Teil der Untersuchungen der MOSAiC-Expedition sein: Im September 2019 wird der deutsche Forschungseisbrecher Polarstern unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) ein Jahr lang im arktischen Eis durch das Nordpolarmeer driften. Versorgt von weiteren Eisbrechern und Flugzeugen werden insgesamt 600 Menschen aus 17 Ländern an der MOSAiC-Expedition teilnehmen. Das AWI ist dabei jeweils gemeinsam mit einem internationalen Partner für die fünf Forschungsschwerpunkte verantwortlich: die Physik des Meereises und der Schneeauflage, die Prozesse in der Atmosphäre sowie im Ozean, die biogeochemischen Kreisläufe und das Ökosystem der Arktis. TROPOS wird sich dabei federführend an zwei zentralen Messungen beteiligen: Zum einen wird ein Fernerkundungscontainer für die gesamte Eisdrift kontinuierlich die vertikale Aerosol- und Wolkenverteilung mittels Lidar, Radar und Mikrowellenradiometern erkunden. Zum anderen wird ein Fesselballon während des Fahrtabschnitts 4 die arktische Grenzschicht möglichst genau auszumessen. Daneben wird auch Manuela van Pinxteren wieder den Oberflächenfilm auf dem Meer und auf Schmelztümpeln untersuchen. „2019/20 konzentrieren sich durch die MOSAiC-Expedition viele Nationen auf die Arktis. Gleichzeitig schreitet aber auch in der Antarktis der Klimawandel voran. Die spanische Antarktis-Expedition ist daher wichtig, um Parallelen und Unterschiede besser zu verstehen“, erklärt Sebastian Zeppenfeld vom TROPOS, der den ersten Teil der Expedition bestreiten wird. Im zweiten Teil wird er dann Mitte Februar von Manuela van Pinxteren abgelöst, die an der spanischen Antarktisstation Juan Carlos I auf der Livingstone-Insel einen Monat lang neben Feldmessungen auch Laborversuche unternehmen will.

Seit 2016 untersucht der Sonderforschungsbereich TR172 "Arktische Verstärkung" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), weshalb sich die Arktis deutlich stärker erwärmt als der Rest der Erde. Zu dem Forschungsverbund gehören neben der Universität Leipzig auch die Universitäten in Bremen und Köln sowie das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig. Tilo Arnhold

 

 

Links:

DOSSIER DE PRENSA CAMPAÑA ANTÁRTICA ESPAÑOLA 2018/2019
http://www.horizonteantartida.es/wp-content/uploads/2018/11/181116_Dossier_Proyectos.pdf

R/V Hespérides:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hesperides

http://www.utm.csic.es/en/instalaciones/hes

Position der R/V Hespérides:
http://www.utm.csic.es/index.php/en/instalaciones/hes/realTimeData

Juan Carlos I Antarctic Base:
https://en.wikipedia.org/wiki/Juan_Carlos_I_Antarctic_Base

http://www.utm.csic.es/index.php/en/instalaciones/jci

https://www.youtube.com/watch?v=lSYAY8MJvjg

http://www.hbarchitects.co.uk/juan-carlos-1-spanish-antarctic-base/

Livingston-Insel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Livingston-Insel

PS 106:
https://www.awi.de/expedition/schiffe/polarstern.html

https://www.tropos.de/aktuelles/messkampagnen/blogs-und-berichte/polarsternfahrt-ps106-2017/

MOSAiC:
https://www.awi.de/im-fokus/mosaic-expedition.html

Leibniz-Projekt MarParCloud (Marine biologische Produktion, organische Aerosolpartikel und maritime Wolken: Eine Prozesskette):
https://www.tropos.de/forschung/atmosphaerische-aerosole/prozessstudien-auf-kleinen-zeit-und-raumskalen/natuerliche-und-anthropogene-aerosolquellen-primaeraerosol/das-marine-aerosol/chemische-charakterisierung-des-marinen-aerosols/

https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/zentrale-messkampagne-von-marparcloud-auf-den-kapverden/

DFG-Transregio 172 „Arktische Klimaveränderungen“:
http://www.ac3-tr.de/

 

 

Publikation:
van Pinxteren, M., Barthel, S., Fomba, K., Müller, K., von Tümpling, W., and Herrmann, H. (2017): The influence of environmental drivers on the enrichment of organic carbon in the sea surface microlayer and in submicron aerosol particles – measurements from the Atlantic Ocean. Elem Sci Anth, 5, https://doi.org/10.1525/elementa.225

Kontakt:
Dr. Manuela van Pinxteren
wissenschaftliche Mitarbeiterin, Abteilung Chemie der Atmosphäre
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)
Tel. +49 341 2717-7102
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/manuela-van-pinxteren/
und
Prof. Hartmut Herrmann
Abteilungsleiter, Abteilung Chemie der Atmosphäre
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)
Tel. +49 341 2717-7024
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/hartmut-herrmann/
sowie
Dr. Manuel Dall´Osto (auf Englisch)
Research Group on Marine Biogeochemistry and Global Change
Institut de Ciències del Mar, CSIC
Barcelona, Catalonia, Spain
http://biogeochemistry.org/scientists/manuel-dallosto

 

 

Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 95 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

http://www.leibniz-gemeinschaft.de

 

 

 

Mit einer Glasplatte werden Proben des Oberflächenfilms während der Polarstern-Expedition PS106 2017 im Arktischen Ozean nördlich von Spitzbergen genommen. Um Einflüsse des Eisbrechers auszuschließen fahren die Forschenden in Überlebensanzügen mit einem Schlauchboot auf den offenen Ozean. Foto: Marcel Köning, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Mit einer Glasplatte werden Proben des Oberflächenfilms während der Polarstern-Expedition PS106 2017 im Arktischen Ozean nördlich von Spitzbergen genommen. Um Einflüsse des Eisbrechers auszuschließen fahren die Forschenden in Überlebensanzügen mit einem Schlauchboot auf den offenen Ozean.
Foto: Marcel Köning, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Dr. Manuela van Pinxteren und Sebastian Zeppenfeld vom TROPOS bei der Probenahme von einer Eisscholle während der Polarstern-Expedition PS106 2017 im Arktischen Ozean nördlich von Spitzbergen. Der Oberflächenfilm haftet an der Glasscheibe, wird anschließend mit einem Scheibenwischer abgestreift und in Flaschen abgefüllt. Die eingefrorenen Proben werden später im Labor in Leipzig analysiert. Mit den Expeditionen in die Antarktis und Arktis 2019/20 wollen die Forscher mehr über die biogeochemischen Prozessen zwischen Ozean und Atmosphäre erfahren. Foto: Marcel-Nicolaus, AWI

Dr. Manuela van Pinxteren und Sebastian Zeppenfeld vom TROPOS bei der Probenahme von einer Eisscholle während der Polarstern-Expedition PS106 2017 im Arktischen Ozean nördlich von Spitzbergen. Der Oberflächenfilm haftet an der Glasscheibe, wird anschließend mit einem Scheibenwischer abgestreift und in Flaschen abgefüllt. Die eingefrorenen Proben werden später im Labor in Leipzig analysiert. Mit den Expeditionen in die Antarktis und Arktis 2019/20 wollen die Forscher mehr über die biogeochemischen Prozessen zwischen Ozean und Atmosphäre erfahren.
Foto: Marcel-Nicolaus, AWI

Polarstern-Expedition PS106 2017 im Arktischen Ozean nördlich von Spitzbergen: Um Einflüsse des Eisbrechers auszuschließen fahren die Forschenden für die Probennahme in Überlebensanzügen mit einem Schlauchboot auf den offenen Ozean. Weshalb sich die Arktis deutlich stärker erwärmt als der Rest der Erde, untersucht seit 2016 der Transregio 172 „Arktische Klimaveränderungen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Foto: Sebastian Zeppenfeld, TROPOS

Polarstern-Expedition PS106 2017 im Arktischen Ozean nördlich von Spitzbergen: Um Einflüsse des Eisbrechers auszuschließen fahren die Forschenden für die Probennahme in Überlebensanzügen mit einem Schlauchboot auf den offenen Ozean. Weshalb sich die Arktis deutlich stärker erwärmt als der Rest der Erde, untersucht seit 2016 der Transregio 172 „Arktische Klimaveränderungen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Foto: Sebastian Zeppenfeld, TROPOS