Große Messkampagne im Atlantik läuft an
Mindelo,
30.06.2021
TROPOS-Lidar auf Cabo Verde im Einsatz für den ESA-Windsatelliten Aeolus
Mindelo/Leipzig. Zur Unterstützung des ESA-Wind-Satelliten Aeolus hat das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) jetzt ein Lidar in Mindelo, der zweitgrößten Stadt von Cabo Verde, installiert. Das Lichtradar untersucht per Laser die Atmosphäre im tropischen Atlantik und ist Teil einer großen internationalen Messkampagne: Die „Aeolus Tropical Atlantic Campaign“ findet im Sommer und Herbst 2021 statt und soll neben der Kalibrierung der Daten des ESA-Satelliten auch dazu beitragen, Wolken und Aerosole in den Tropen zu erforschen sowie das Entstehen von tropischen Wirbelstürmen besser zu verstehen. Parallel zu den Lidarmessungen aus dem All starteten daher jetzt die Messungen vom Boden aus. Für September sollen außerdem verschiedene Forschungsflugzeuge die Atmosphäre vor Ort untersuchen.
Seit August 2018 misst mit Aeolus ein neuartiger Satellit aktiv Wind vom Weltall aus und trägt so dazu bei, die Wettervorhersage zu verbessern. An Bord dieses Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) befindet sich mit dem „Atmospheric Laser Doppler Instrument“ (ALADIN) ein Hochleistungslaser. ALADIN ist das erste Instrument im Weltraum, das aktiv vertikale Profile der Windgeschwindigkeit messen kann. Genutzt wird dabei das Prinzip eines Lichtradars (kurz: Lidar von „LIght Detection And Ranging“). Ein kurzer Laser-Lichtpuls wird 50 Mal pro Sekunde abgestrahlt und die zurück reflektierte Strahlung (Rückstreuung) der Atmosphäre zeitaufgelöst gemessen. Die Laufzeit des Lichts bis zu seiner Rückstreuung in der Atmosphäre gibt Auskunft über Ort bzw. Entfernung. Die Windgeschwindigkeit in den verschiedenen Höhen der Atmosphäre wird dann mit Hilfe des Dopplereffekts bestimmt. Um die Laser-Messungen im All zu validieren, werden sie u.a. mit Laser-Messungen vom Boden aus verglichen.
Die Validierung von Aeolus-Produkten ist besonders in den Tropen wichtig, wo von den Aeolus-Messungen ein besonders großer positiver Einfluss auf die numerische Wettervorhersage erwartet wird. Die Aeolus-Tropenkampagne wird von der ESA in Zusammenarbeit mit europäischen und US-amerikanischen Partnern organisiert: dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der National Aeronautics and Space Administration der USA (NASA), Météo-France, dem Laboratoire atmosphères, milieux, observations spatiales (LATMOS), dem Cyprus Institute (CYI), dem National Observatory of Athens (NOA), dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), der Universität von Nova Gorica (UNG), dem Ocean Science Centre Mindelo (OSCM) und vielen mehr.
Lidar-Expertinnen und -Experten aus Deutschland und Griechenland haben jetzt im Rahmen dieser Messkampagne erste Spezialtechnik auf den Kapverdischen Inseln aufgebaut, um im Juni/Juli in der Hauptsaison den Saharastaub messen zu können. Das Nationale Observatorium von Athen (NOA) wird mit EVE ein weiteres Lidarsystem installieren, das bei einer Wellenlänge bei 355 Nanometern die lineare und die zirkulare Depolarisation des zurückgestreuten Laserlichtes messen kann. Das TROPOS hat mit PollyXT ein Lidarsystem installiert, das bei drei Wellenlängen (355, 532 und 1064 Nanometer) die Extinktion und die lineare Depolarisation messen kann. Das Depolarisationsverhältnis gibt an, wie stark die Polarisation des zurückgestreuten Lichts verändert wird und ermöglicht so Rückschlüsse auf den Typ der Partikel in der Atmosphäre. Beide Lidar-Anlagen sollen die Staubpartikel messen und dadurch helfen, die Daten des Satelliten in Staubsituationen besser zu interpretieren. Dazu werden extra die Einstellungen des Satelliten geändert: Für die Kampagne wird in der Region um Cabo Verde die vertikale Auflösung von Aeolus angepasst um die Luftschicht mit Mineralstaub aus der Sahara, die sogenannte „Saharan Air Layer“ (SAL), besser aufzulösen. Dafür misst Aeolus zwischen dem Erdboden und 5 Kilometern Höhe mit einer Vertikalauflösung von 500 Metern. Die Messkampagne bringt außerdem noch eine Premiere: „Noch nie zuvor wurde der Orbit, also die Umlaufbahn des Satelliten, verändert, seitdem Aeolus seinen jetzigen Orbit nach dem Start erreicht hatte. Damit aber die Lidargeräte am Boden genau dieselbe Luftschicht messen, die Aeolus misst, ist Aeolus Mitte Juni etwa 90 km nach Osten gedriftet und wird dann dort für den Rest der Mission verbleiben“, erklärt Dr. Sebastian Bley vom TROPOS, der die vergangenen drei Jahre am Forschungszentrum ESRIN der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) im Aeolus-Projekt mitwirkte.
Ursprünglich waren für Juni/Juli zusätzlich zu diesem Boden-Messungen auch noch umfangreiche Messungen in der Luft mit Forschungsflugzeugen aus Deutschland, Slowenien und den USA geplant. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden die Flugzeugmessungen jedoch auf September verschoben. Die Messungen von NOA und TROPOS werden daher mindestens bis Mitte September fortgesetzt, um gemeinsam mit den Flugzeugen zu messen und einen bis jetzt noch nie in diesem Umfang dagewesenen Datensatz zu erzeugen.
Das PollyXT vom TROPOS untersucht seit 29. Juni rund um die Uhr die Atmosphäre über Cabo Verde. Sein grüner Laserstrahl ist nachts über dem Hafen von Mindelo zu sehen, aber sowohl für die Menschen als auch die Umwelt ungefährlich. Das Gerät wurde auf dem Dach des Ocean Science Centre Mindelo (OSCM) installiert. Das OSCM ist eine gemeinsame Kooperation des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des nationalen Meeresforschungsinstitut der Republik Cabo Verde – Instituto do Mar (IMar). Es dient den Partnern für eigene Forschungs- und Ausbildungszwecke wie der internationalen Meeresforschungsgemeinschaft als Basis für Kampagnen in der Region und Veranstaltungen. Mit TROPOS nutzt jetzt eine weitere Institution das Zentrum und erweitert das Forschungsspektrum um die Atmosphärenforschung in einer Region, in der kontinuierliche Klimadaten bisher Mangelware sind.
Cabo Verde ist eine Republik, bestehend aus den Kapverdischen Inseln mit neun bewohnten Inseln im tropischen Zentralatlantik, 570 Kilometer vor der Westküste von Afrika. Starke Passatwinde transportieren häufig Wüstenstaub und Rauch von Waldbränden auf dem Kontinent zu den Inseln, was den Standort zu einem Hotspot für Untersuchungen der Wolken-Aerosol-Wechselwirkungen sowie des globalen Ferntransports von Aerosol macht. TROPOS betreibt seit 2007 zusammen mit dem Wetterdienst der Republik Cabo Verde (INMG) und der University York und dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie Jena das Cape Verde Atmospheric Observatory (CVAO) auf der Kapverdischen Insel São Vicente. Tilo Arnhold
Kontakte:
Dr. Dietrich Althausen,
wissenschaftlicher Mitarbeiter, TROPOS-Abteilung „Fernerkundung atmosphärischer Prozesse“
Tel. + 49-341-2717-7063,
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/dietrich-althausen/
und
Dr. Holger Baars/ Martin Radenz/ Sebastian Bley
wissenschaftliche Mitarbeiter, TROPOS-Abteilung „Fernerkundung atmosphärischer Prozesse“
Tel. + 49-341-2717-7314, -7312, - 7171
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/holger-baars
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/martin-radenz
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/sebastian-bley
sowie
Cordula A. Zenk
Ocean Science Centre Mindelo Executive Officer (GEOMAR)
Tel.: + 49 431 600-4209
https://www.oscm.cv/
oder
Tilo Arnhold
TROPOS-Öffentlichkeitsarbeit
Tel. +49-341-2717-7189
http://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/
Links:
Ocean Science Centre Mindelo (OSCM):
https://www.oscm.cv/
Webseite des NOA zur tropischen Kampagne.
https://askos.space.noa.gr/
Laser-Knowhow aus Deutschland unterstützt neuen ESA-Windsatelliten (Pressemitteilung, 21.08.2018)
https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/laser-knowhow-aus-deutschland-unterstuetzt-neuen-esa-windsatelliten
Europäischer Satellit Aeolus: Windmessung aus dem All (MDR.de, 10.09.2018)
https://www.mdr.de/wissen/satellit-esa-aeolus-wind-100.html
Martha, Polly, Wili und Aladin: Messtechnik aus Leipzig startet (LVZ, 16.08.2018)
https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Martha-Polly-Wili-und-Aladin-Messtechnik-aus-Leipzig-startet-ins-All
Gut zu WISSEN: Staub im Fokus
https://www.tropos.de/entdecken/gut-zu-wissen/staub-im-fokus/
Leipziger Staubtag:
https://www.tropos.de/aktuelles/veranstaltungen/leipziger-staubtag/
Publikationen:
Marinou, E., Amiridis, V., Mavropoulou, I., Baars, H., Kazadzis, S., Rosoldi, M., Ene, D., Barreto, A., Casadio, S., Zenk, C., Sciare, J., Mocnik, G., Kandler, K., Stuut, J.-B., Rodrigez, S., Knipertz, P., Rutz, T., Komppula, M., Daskalopoulou, V., and Hloupis, G. and the ASKOS team: The ASKOS experiment for the validation of Aeolus L2A aerosol product. EGU General Assembly 2021, online, 19–30 Apr 2021, EGU21-13781, https://doi.org/10.5194/egusphere-egu21-13781 , 2021.
Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 96 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro. Finanziert werden sie von Bund und Ländern gemeinsam. Die Grundfinanzierung des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) getragen. Das Institut wird mitfinanziert aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
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