Der Fesselballon von TROPOS und Uni Leipzig im Einsatz auf der Eisscholle während der MOSAiC-Expedition 2020. Foto: Christian Pilz, TROPOS
Dramatische Erwärmung der Arktis und ihre globalen Auswirkungen werden weiter erforscht
Leipzig/Köln/Bremen, 24.11.2023
Erneuter Zuschlag für den SFB/TRR 172 „Arktische Verstärkung (AC)³“
Der Sonderforschungsbereich/Transregio (SFB/TRR) 172 „Arktische Verstärkung: Klimarelevante Atmosphären- und Oberflächenprozesse und Rückkopplungsmechanismen (AC)³“ geht in die dritte Förderphase. Das gab die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bekannt. Ab Januar 2024 setzt der Forschungsverbund, zu dem auch die Universitäten in Bremen und Köln sowie das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) gehören, seine wegweisende Arbeit für vier weitere Jahre fort. Übergeordnetes Ziel ist es, grundlegende und wegweisende Fortschritte in unserem Verständnis der arktischen Verstärkung zu erzielen und die Verlässlichkeit von Modellen zur Vorhersage der dramatischen Erwärmung in der Arktis zu verbessern.
„Innerhalb der letzten 25 Jahre konnten wir einen drastischen Anstieg der bodennahen Lufttemperatur in der Arktis beobachten, der im Vergleich zur globalen Erwärmung zwei- bis dreimal stärker ausgeprägt ist“, sagt Sprecher Prof. Dr. Manfred Wendisch von der Universität Leipzig. Dieses Phänomen, das der interdisziplinäre Verbund seit acht Jahren mit verschiedenen wissenschaftlichen Methoden ergründet und zu verstehen versucht, wird als „Arktische Verstärkung“ bezeichnet. Prof. Dr. Susanne Crewell, Vizesprecherin von der Universität zu Köln, führt weiter aus: „In den vergangenen Jahren ist es uns gelungen, jahreszeitliche Unterschiede zu quantifizieren und das Zusammenwirken verschiedener Rückkopplungsmechanismen, die als Ursache der Arktischen Verstärkung vermutet werden, besser zu verstehen.“ Dr. Gunnar Spreen, Vizesprecher von der Universität Bremen, ergänzt: „Damit verbunden ist eine starke Abnahme des Meereises. Im Sommer ist nur noch etwa die Hälfte des Eises vorhanden als vor 40 bis 50 Jahren. Welche Wechselwirkungen mit der Atmosphäre und dem Ozean dafür eine Rolle spielen, untersuchen wir in (AC)³.“
Bisherige Ergebnisse
Die Wissenschaftler:innen nutzten vorhandene und neue Daten, um kurzfristige Veränderungen und Hinweise auf langfristige Trends bei arktischen Klimavariablen zu ermitteln. „Die arktische Atmosphäre ist deutlich feuchter geworden. Auch die Sturmaktivität hat regional zugenommen“, fasst Manfred Wendisch zusammen. Zudem hat sich die Erwärmung im Winter in den Regionen um Svalbard und den Nordpol verstärkt, was zu einer Abnahme der Meereisdicke in der Framstraße und der Schneehöhe auf dem Eis geführt hat.
Bei Expeditionen in die Arktis sind das Forschungsflugzeug HALO, sowie die Polarflieger Polar 5 und 6 in Verbindung mit dem Eisbrecher Polarstern zum Einsatz gekommen. Letztere waren Bestandteil der MOSAiC-Expedition unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Der Sonderforschungsbereich (AC)³ lieferte den wesentlichen Beitrag deutscher Universitäten zu MOSAiC.
Künftige Schwerpunkte und Vorhaben
Der SFB/TRR 172 „Arktische Verstärkung (AC)³“ wird in der dritten Phase drei zentrale Fragen beantworten:
- Was sind die Hauptursachen und ihre relativen Beiträge zur arktischen Verstärkung?
- Wie wirken sich Änderungen im Transport von Luftmassen auf das Wetter und Klima in der Arktis und den mittleren Breiten aus?
- Welche durch die arktische Verstärkung verursachten Trends lassen sich erkennen und wie werden sie sich in einem zukünftigen, wärmeren Klima entwickeln?
Um die Ergebnisse in Zukunft besser miteinander zu verknüpfen, entwickeln die Forscher:innen übergreifende Themen zur Beantwortung von Schlüsselfragen in vier Schwerpunktbereichen: der vertikale Temperaturgradient, Oberflächenprozesse, arktische Mischphasenwolken sowie Transport und Umwandlung von Luftmassen. Zudem werden in der dritten Phase die zahlreichen Beobachtungs- und Modellierungsergebnisse aus den vorangegangenen Phasen zusammenzuführt.
Die Forschungsfragen des interdisziplinären Verbunds bilden auch in den kommenden Jahren die Grundlage für bedeutende Erkenntnisse im Bereich der arktischen Klimaänderung. Diese tragen auch dazu bei, die Herausforderungen des Klimawandels auf globaler Ebene zu adressieren.
TROPOS-Beitrag zu (AC)³
TROPOS wird in der dritten Phase die Erfassung der arktischen Bewölkung und deren Klimaeffekte von der MOSAiC-Expedition auf die gesamte Arktis ausweiten und detaillierte Messungen der arktischen Grenzschicht als klimatische Schlüsselregion ergänzen. Mit Hilfe von Aerosol-Klimamodellen werden die Auswirkungen von anthropogenen und natürlichen Aerosolen auf die Erwärmung des arktischen Klimas untersucht, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf veränderten Aerosolmustern sowie deren Bedeutung für den Luftmassentransport und den Energiehaushalt liegt. Ein weiterer Beitrag soll die durch Kaltluftausbrüche auftretenden Änderungen in der arktischen Bewölkung mit hochaufgelösten Flugzeug-Beobachtungen und langfristigen Satellitendaten untersuchen. Insgesamt trägt TROPOS mit dem Fokus auf Aerosole, Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen und Strahlungsbilanz zum Verständnis von Veränderungen in der Arktis und den Zusammenhängen mit dem globalen Klimasystem bei.
Kontakte für die Medien:
Prof. Dr. Manfred Wendisch,
Sprecher des Sonderforschungsbereichs SFB/TRR 172 „Arktische Verstärkung (AC)³“ und Universitätsprofessor für Atmosphärische Strahlung, Universität Leipzig,
Tel. +49-341-97-32850,
https://www.uni-leipzig.de/personenprofil/mitarbeiter/prof-dr-manfred-wendisch#expertService
und
Prof. Dr. Andreas Macke,
Direktor, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS),
Tel. +49 341 2717-7060,
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/andreas-macke
oder
Medienredaktion, Stabsstelle Universitätskommunikation, Universität Leipzig,
Tel.: +49-341-97-35025,
https://www.uni-leipzig.de/universitaet/service/medien-und-kommunikation
und
Tilo Arnhold, Öffentlichkeitsarbeit, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), Leipzig,
Tel. +49-341-2717-7189,
http://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/
Weitere Informationen und Links:
Sonderforschungsbereich/Transregio (SFB/TRR) 172 „Arktische Verstärkung: Klimarelevante Atmosphären- und Oberflächenprozesse und Rückkopplungsmechanismen (AC)³“
http://www.ac3-tr.de/
Pressemitteilung der DFG: DFG fördert 17 neue Sonderforschungsbereiche (24. November 2023)
https://www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2023/pressemitteilung_nr_50/index.html
Archiv:
Drastische Erwärmung in der Arktis: Die Feldkampagne HALO-(AC)3 untersucht ein beunruhigendes Phänomen (Pressemitteilung, 18.03.2022)
https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/drastische-erwaermung-in-der-arktis-die-feldkampagne-halo-ac-3-untersucht-ein-beunruhigendes-phaenomen
Einmaliger Blick in die „neue Arktis“: Internationale MOSAiC-Expedition erfolgreich beendet (Pressemitteilung, 12.10.2020)
https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/einmaliger-blick-in-die-neue-arktis-internationale-mosaic-expedition-erfolgreich-beendet
MOSAiC-Expedition 2019 – 2020
https://www.tropos.de/aktuelles/messkampagnen/blogs-und-berichte/mosaic-2019-2020
DFG-Sonderforschungsbereich zu “Arktischen Klimaveränderungen” wird fortgesetzt (Pressemitteilung, 26.11.2019)
https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/dfg-sonderforschungsbereich-zu-arktischen-klimaveraenderungen-wird-fortgesetzt
Polarstern-Expedition PS106.1 – PASCAL 2017
https://www.tropos.de/aktuelles/messkampagnen/blogs-und-berichte/polarsternfahrt-ps106-2017
Millionenförderung für DFG-Sonderforschungsbereich zu “Arktischen Klimaveränderungen” (Pressemitteilung, 20.11.2015)
https://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/millionenfoerderung-fuer-dfg-sonderforschungsbereich-zu-arktischen-klim
Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 97 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.500 Personen, darunter 11.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Der Gesamtetat der Institute liegt bei 2 Milliarden Euro. Finanziert werden sie von Bund und Ländern gemeinsam. Die Grundfinanzierung des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) getragen. Das Institut wird mitfinanziert aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
http://www.leibniz-gemeinschaft.de
https://www.bmbf.de/
https://www.smwk.sachsen.de/