Validierung von Satelliten-Lidarmessungen

Motivation

Abb. 1: CALIPSO’s laser CALIOP beobachtet die Erdatmosphäre. Quelle: P. Carril / CNES

Das Weltraumlidar CALIOP (Cloud-Aerosol Lidar with Orthogonal Polarization) an Bord des polarumlaufenden Satelliten CALIPSO (Cloud-Aerosol Lidar Infrared Pathfinder Satellite Observations) [Winker et al., 2007] liefert seit Juni 2006 vertikal aufgelöste Informationen zu Aerosol und Wolkenparametern weltweit. CALIOP ist ein Rückstreulidar, das bei 532 und 1064 nm arbeitet. Um aus den Messungen eines Rückstreulidars weitere Größen wie den Partikelextinktionskoeffizienten oder die Aerosol Optische Dicke (AOD) bestimmen zu können, muss für das Lidarverhältnis (Extinktions-zu-Rückstreu-Verhältnis) je Aerosoltyp ein fester Wert vorgegeben werden.

Im Vergleich dazu ist es möglich, aus bodengebundenen Lidarmessungen mit einem Mehrwellenlängen-Raman-Lidar aerosoltypische optische Parameter (wie das Lidarverhältnis) ohne vorherige Annahmen zu berechnen und die Ergebnisse der Satelliten-Lidarmessung zu validieren.

Für die nahe Zukunft sind weitere Satellitenmissionen mit einem Lidar geplant. Allerdings sollen andere Lidartechniken bei einer von CALIPSO verschiedenen Wellenlänge zum Einsatz kommen.

Für den Vergleich der Ergebnisse der unterschiedlichen Satellitenmissionen werden Umrechnungsfaktoren benötigt, die ebenfalls aus bodengebundenen Lidarmessungen bestimmt werden können.

Methodik

Messungen der folgenden Projekte/Messkampagnen werden für die Validierung von satellitengestützen Lidardaten verwendet:

  1.  Beobachtungen mit Mehrwellenlängen Lidargeräten des europäischen Lidarnetzwerkes  EARLINET wurden im Rahmen eines speziellen Messplanes so koordiniert, dass während eines CALIPSO-Überfluges in einem Umkreis von einigen km gleichzeitig eine Lidarmessung vom Boden aus durchgeführt wurde. Für Vergleiche werden hauptsächlich Daten von 16 EARLINET-Stationen verwendet, die an einem Projekt der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) mitgewirkt haben (ESA-CALIPSO Projekt - “EARLINET's Spaceborne-related Activity during the CALIPSO mission”) [Wandinger et al., 2010]. Im Rahmen des Projektes wird unter anderem die Aerosolklassifizierung bei CALIPSO ausführlich untersucht.  
  2. Lidarmessungen, die in Kombination mit in-situ Messungen in einer reinen Saharastaubfahne über Südmarokko und den Kap Verden während der SAMUM-Kampagnen durchgeführt wurden. Hierbei wurde insbesondere der Einfluss der Mehrfachstreuung auf satellitengestützte Mineralstaubbeobachtungen untersucht.  
  3. OCEANET-Atmosphere: Messungen des transportablen Mehrwellenlängen-Raman-Lidars PollyXT an Bord des Forschungsschiffs Polarstern auf meridionalen transatlantik Fahrten wie z.B. im Jahr 2009 und 2010 sowie an Bord der Meteor werden ebenfalls für Vergleichsstudien verwendet. Ein Bsp. zeigt Abb. 2. Trajektorien wurden berechnet um Region und Zeit zu bestimmen, wann das Lidar an Bord von Polarstern die selbe Luftmasse wie CALIPSO vermessen hat. Der Vergleich der optischen Daten beider Instrumente ist in Abb. 2a+b dargestellt.

Abb. 2: Profile von (a) Partikelrückstreukoeffizient und (b) Extinktionskoeffizient bei 532 nm des CALIPSO-Datensatzes vom 30. Oktober 2009, 14:53 UTC (schwarz, Profile 1686 bis 1749), 31. Oktober 2009, 03:05 UTC (cyan, Profile 2750 bis 2803) und 31. Oktober 2009, 15:36 UTC (magenta, Profile 2706 bis 2819) und abgeleitet aus der PollyXT–Messung vom 31. Oktober 2009 zwischen 3:20 und 05:20 UTC (grün). (c) Übersicht mit CALIPSO-Überflügen (dünne weiße Linien), HYSPLIT 72-Stunden Vorwärts- und Rückwärtstrajektorien-Ensemblerechnungen mit Start am 31. Oktober 2009 um 4:20 UTC (farbige Linien), Beobachtungszeiträume von CALIOP (dicke weiße Linien), die für die Vergleiche verwendet wurden sowie die Position des Forschungsschiffs Polarstern (roter Stern und roter Pfeil).

Ergebnisse

Bisherige Vergleiche mit bodengebundenen Messungen zeigen, dass die automatische Datenauswertung von CALIPSO grundsätzlich funktioniert und unser Wissen über die vertikale Verteilung von Aerosolen und Wolken global betrachtet erheblich erweitert. Wichtige Punkte sind im Folgenden zusammen gefasst:

Die EARLINET-CALIPSO-Vergleiche ergaben, dass die Klassifizierung einer detektierten Schicht als Wolke bzw. Aerosol in bestimmten Fällen kritisch ist. Probleme treten insbesondere für optisch dicke Staubschichten und dünne Eiswolken (mit einer optischen Dicke in der Größenordnung von 1 bis 2) auf, da sie sehr ähnliche optische Eigenschaften aufweisen.

Aus Beobachtungen ist bekannt, dass es vor allem über den Kontinenten Mischungen verschiedener Aerosoltypen gibt. In den CALIPSO-Algorithmen wurde diese Tatsache bisher jedoch nicht ausreichend berücksichtigt.

Des Weiteren wurde herausgefunden, dass Mehrfachstreuung nicht nur für Wolkenmessungen sondern auch für Aerosole, speziell für Mineralstaub ein Problem darstellt. Mehrfachstreueffekte sind abhängig von der Partikelgröße. Wandinger et al. (2010) zeigen,  dass CALIOP Extinktionskoeffizienten im Fall von Saharastaubfahnen über dem Nordatlantik um bis zu 30% unterschätzt, weil signifikante Mehrfachstreueffekte, die bei der Vorwärtsstreuung an großen Staubpartikeln auftreten, ignoriert werden. Ein Beispiel dazu zeigt Abb. 3. Dargestellt ist eine Messung vom 5. Juli 2008 in Granada. Verschiedene Staubschichten wurden bis in eine Höhe von etwa 6 km beobachtet. Das vom Boden aus gemessene Lidarverhältnis ist vor allem in der Schicht zwischen 4.2 und 5.2 km, die bis zur westlichen Sahara zurück verfolgt werden konnte, größer als der Wert, der im CALIPSO-Algorithmus für Mineralstaub angenommen wird. Ein Vergleich der Streukoeffizienten zeigt, dass der Unterschied zwischen den Extinktionskoeffizienten in dieser Schicht um 20% größer ist, als der Unterschied zwischen den Rückstreukoeffizienten.

Abb. 3: Rückstreukoeffizient, Extinktionskoeffizient und Lidarverhältnis bei 532nm von einer Messung am 5. Juli 2008, 02:17-02:47 UTC, in Granada sowie CALIPSO Version 2 Daten für den Überflug um 02:27 UTC. Die horizontalen Linien markieren zwei Staubschichten.

Auch wenn solche Satellitenmessungen unser Wissen über optische Aerosoleigenschaften auf einer globalen Skala verbessern, bleiben weiterhin Wissenslücken aufgrund von Performancecharakteristika des Satelliten: CALIPSO umkreist die Erde mit einer Geschwindigkeit von 7kms-1 und nimmt Messdaten mit einer räumlichen Auflösung von 5km auf [Kacenelenbogen et al., 2011]. Der gleiche Punkt auf der Erde wird in einem Rhythmus von 16 Tagen überflogen. Beobachtungen von kurzfristigen Ereignissen und atmosphärischen Prozessen wie die Entwicklung von Wolken oder die alltägliche Grenzschichtentwicklung sind daher nicht möglich.

Ausblick

Aktuell ist CALIOP an Bord von CALIPSO das einzige Weltraumlidar, aber weitere sind in Planung. Die ADM-Aeolus (Atmospheric Dynamics Mission–Aeolus der ESA) und EarthCARE (Earth Clouds, Aerosols and Radiation Explorer von ESA und der Japan Aerospace Exploration Agency JAXA) Missionen werden die satellitengestützten Lidarmessungen nicht nur fortsetzen sondern die bisherigen unter Verwendung anderer Techniken erweitern. Anders als bei CALIPSO (Rückstreulidar für 532 und 1064 nm) sollen high-spectral-resolution-lidars (HSRL) für 355 nm zum Einsatz kommen. Für den Vergleich der Ergebnisse verschiedener Welraummissionen  können die aus bodengebundenen Mehrwellenlängen-Lidarmessungen bestimmten Umrechnungsfaktoren verwendet werden.

Literatur

Winker, D. M., W. H. Hunt, and M. J. McGill, 2007: Initial performance assessment of CALIOP. Geophys. Res. Lett., 34, L19803. doi:10.1029/2007GL030135.

Wandinger, U., et al., 2010: Size matters: Influence of multiple scattering on CALIPSO light-extinction profiling in desert dust, Geophys. Res. Lett., 37, L10801, doi:10.1029/2010GL042815.

Kacenelenbogen, et al., 2011: An accuracy assessment of the CALIOP/CALIPSO version 2/version 3 daytime aerosol extinction product based on a detailed multi-sensor, multi-platform case study, Atmos. Chem. Phys., 11, 3981-4000, doi:10.5194/acp-11-3981-2011.

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